Für junge Mütter oder Väter ist es nicht einfach ins Berufsleben einzusteigen. Nicht selten haben die jungen Erwachsenen gerade den Schulabschluss in der Tasche und noch keine Berufsausbildung begonnen, wenn sie Nachwuchs erwarten. Eine Teilzeitausbildung kann dafür sorgen, dass die Eltern den Familienpflichten nachkommen können und gleichzeitig beruflich vorankommen.
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Im Berufsausbildungsgesetz (BBiG) ist geregelt, dass die Ausbildungszeit gekürzt werden kann, sofern das Ausbildungsziel in der kürzeren Dauer erreicht wird und ein berechtigtes Interesse vorliegt. Für junge Eltern wird so eine Perspektive geboten, die sie bei einer Vollzeitausbildung nicht hätten: genügend Zeit für das Kind.
Kurz & knapp: Teilzeitausbildung
Die Teilzeitausbildung ist für Frauen und Männer möglich, die durch ihre Elternschaft oder Pflegetätigkeit keine Ausbildung haben und eine Erstausbildung anstreben. Auch Personen, welche die Ausbildung unterbrochen haben und neu anfangen wollen oder eine neue berufliche Richtung anstreben und daher eine neue Ausbildung machen möchten, können eine Ausbildung auf Teilzeit absolvieren.
Die wöchentliche Ausbildungszeit beträgt zwischen 20 und 30 Stunden. Der Berufsschulunterricht findet in Vollzeit statt und wird nicht gekürzt.
Die Ausbildung in Teilzeit kann in zwei Formen abgeleistet werden: mit einer Verlängerung der Ausbildungzeit und ohne eine Verlängerung. Welche Form die sinnvollste ist, können Ausbilder und Auszubildender gemeinsam entscheiden.
In diesem Ratgeber klären wir, welche Personen eine Teilzeitausbildung machen können. Welche Rahmenbedingungen gibt es für eine Ausbildung in Teilzeit? Welche Vorteile existieren für den Ausbilder und den Auszubildenden? Welche Ausbildungsplätze sind in Teilzeit verfügbar?
Inhalt
Wann kann eine Teilzeitausbildung absolviert werden?
Der Gesetzgeber schaffte am 1. April 2005 die Möglichkeit, eine Teilzeitausbildung zu absolvieren. Die verkürzte Ausbildungszeit ist im Berufsbildungsgesetz (BBiG) festgelegt. Gesetzlich ist Folgendes festgelegt:
Auf gemeinsamen Antrag der Auszubildenden und Ausbildenden hat die zuständige Stelle die Ausbildungszeit zu kürzen, wenn zu erwarten ist, dass das Ausbildungsziel in der gekürzten Zeit erreicht wird. Bei berechtigtem Interesse kann sich der Antrag auch auf die Verkürzung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit richten (Teilzeitberufsausbildung). (§ 8 Abs. 1 BBiG)
Dementsprechend ist eine Kürzung der Ausbildungsdauer möglich, sofern das Ziel der Ausbildung innerhalb der kürzeren Zeit zu erreichen ist. Durch den Abschluss haben die Auszubildenden bessere Chancen einen Berufseinstieg zu meistern und an einen unbefristeten Job zu gelangen.
Für wen ist eine Ausbildung in Teilzeit möglich?
Nicht jeder hat die Möglichkeit, eine Ausbildung in Vollzeit zu absolvieren. Besonders junge Erwachsene, die Nachwuchs bekommen haben, müssen sich zu Hause um die Pflege des Kindes kümmern.
Die Betreuungszeiten sind meistens so geregelt, dass nur Teilzeit in der Ausbildung in Frage kommt.
Diese bietet vor allem Eltern, die bisher noch keine Berufsausbildung abgeschlossen haben, die Möglichkeit, eine Erstausbildung zu beginnen. Die Arbeitszeit wird dabei gekürzt, sodass noch genügend Zeit für die Familie bleibt und die Eltern sich neben der Arbeit um das Kind kümmern können.
Eine Teilzeitausbildung für junge Mütter und Väter bietet sich zudem an, wenn sie bereits eine Ausbildung begonnen haben, diese allerdings wegen der Elternzeit unterbrochen wurde und nun beendet werden soll. Auch bei einer neuen beruflichen Orientierung kann sich eine Teilzeitberufsausbildung anbieten.
Personen, die Eltern oder Großeltern pflegen und deswegen keine Vollzeitausbildung beginnen können, haben ebenfalls die Möglichkeit, eine Ausbildung in Teilzeit zu absolvieren. Wichtige persönliche Gründe und ein eingeschränktes Zeitbudget rechtfertigen laut Gesetz auch dann eine Teilzeitausbildung.
Wie verändert sich die wöchentliche Arbeitszeit bei in Teilzeit absolvierter Ausbildung?
Ausbilder und Auszubildende vereinbaren im Rahmen der Teilzeitausbildung eine reduzierte wöchentliche Ausbildungszeit im Betrieb. Diese beträgt meistens zwischen 20 und 30 Stunden. Als Teilzeit wird alles bezeichnet, was unterhalb der tariflichen Grenze liegt. Gemeinsam wird festgelegt, zu welchen Zeiten und Tagen die Stunden abgeleistet werden.
Der Ausbilder und der Auszubildende können entscheiden, ob die Arbeitszeit auf den Vormittag, Nachmittag oder Abend gelegt wird. Auch das Arbeiten am Wochenende oder über ein Arbeitszeitkonto ist dabei denkbar. Bei den zeitlichen Möglichkeiten müssen die Bedürfnisse des Auszubildenden sowie die Berufsschultage berücksichtigt werden.
Der Berufsschulunterricht kann nicht gekürzt werden und findet weiterhin in Vollzeit statt. Theoretisch könnten die Schulen auch Teilzeitklassen errichten. Dies wird allerdings meistens nicht umgesetzt, da es zu wenig Auszubildende in Teilzeitausbildung gibt.
Oftmals findet der Berufsschulunterricht tageweise statt. In einigen Bereichen kann dieser allerdings auch wochenweise in Blöcken absolviert werden. Da die Berufsschule meistens nicht am gleichen Ort wie die Ausbildungsstätte liegt, müssen die Auszubildenden organisatorisch einplanen, wie sie an den Unterrichtstagen rechtzeitig zur Berufsschule kommen.
Ausbildungsdauer bei der Berufsausbildung in Teilzeit
Bei einer Ausbildung in Teilzeit für junge Mütter und Väter bleibt die Regeldauer grundsätzlich gleich. Beträgt die wöchentliche Ausbildungszeit allerdings weniger als 25 Stunden bzw. weniger als 75 % der Regelausbildungszeit kann sich die Gesamtdauer verlängern. Je nach Einzelfall ist die Ausbildung dann ein halbes oder ein ganzes Jahr länger.
Wichtig ist in jedem Fall, dass die Zeit im Betrieb für den Auszubildenden ausreicht, um sich mit allen wichtigen Abläufen vertraut zu machen und sich alle notwendigen Kenntnisse anzueignen. Welche Form der Teilzeitausbildung sinnvoll ist, entscheiden Auszubildender und Betrieb gemeinsam.
Beispielsweise kann bei einer Vorausbildung oder vorhandenen Kenntnissen in der Branche eine Verkürzung der Ausbildungszeit bei den Kammern beantragt werden. Diese beraten im Anschluss, welche Dauer realisierbar ist. Sollte im Lauf der Zeit eine Verlängerung vonnöten sein, kann diese im Nachhinein beantragt werden.
Wenn eine Teilzeitausbildung ohne Verlängerung der Ausbildungszeit angestrebt werden soll, muss die Ausbildungszeit inklusive des Berufsschulunterrichts mindestens 25 bis 20 Wochenstunden betragen.
Entschließen Sie und Ihr Ausbilder sich dazu, dass die Teilzeitausbildung mit einer Verlängerung der Ausbildungszeit angestrebt wird, beträgt die wöchentliche Arbeitszeit inklusive des Berufsschulunterrichts mindestens 20 Wochenstunden. Verbringt der Auszubildende 9 von 20 Stunden in der Berufsschule, leistet er wöchentlich 11 Stunden im Betrieb ab.
Seitens der Kammer ist ein Abschluss der Ausbildung in diesem Fall innerhalb der Regelzeit nicht möglich. Nicht alle praktischen Kenntnisse können innerhalb von drei Jahren vermittelt werden. Vertraglich wird somit vereinbart, dass die Ausbildungsdauer um ein halbes bis ein ganzes Jahr verlängert wird.
Wie kann die Kinderbetreuung bei einer Teilzeitausbildung gewährleistet werden?
Auch wenn die Ausbildung nicht in Vollzeit absolviert wird, muss dennoch die Kinderbetreuung gewährleistet sein, während Sie in der Arbeit oder Berufsschule sind.
Es ist also Ihre Aufgabe, einen geeigneten Betreuungsplatz für das Kind zu finden. Viele Auszubildende versuchen, das Kind bei Familie oder Freunden unterzubringen. Auf Dauer ist dies allerdings meistens keine Lösung.
Sie können in Kindertagesstätten anfragen, ob ein Platz für Ihren Nachwuchs frei ist. Das Kind können Sie dann vor der Arbeit in der Kita abgeben und nach Feierabend wieder abholen.
Mit den Unterrichtszeiten in der Berufsschule ist die Kinderbetreuung allerdings nicht so einfach vereinbar. Der Unterricht im Rahmen der Teilzeitausbildung beginnt meistens schon vor der Öffnung der Kita. Falls Freunde oder Familie das Kind nicht zum Kindergarten bringen können, ist ggf. eine Absprache mit der Berufsschule möglich, um andere Zeiten zu vereinbaren.
Findet sich kein Kindergartenplatz, können Sie das Kind auch bei einer Tagesmutter unterbringen. Hier sind flexible Arbeitszeiten meistens noch einfacher zu vereinbaren als in der Kita. Finanzielle Unterstützungen für die Kinderbetreuung können beantragt werden, sofern die Ausbildungsvergütung nicht ausreicht.
Welche Ausbildungsberufe sind in Teilzeit möglich?
Grundsätzlich können Sie eine Teilzeitausbildung in allen anerkannten Berufen des dualen Ausbildungssystems absolvieren. Auch in schulischen Ausbildungsbereichen wie beispielsweise in der Krankenpflege wird eine Halbtagsausbildung für Mütter und Väter angeboten.
Sollten Interessenten noch nicht wissen, in welche Richtung sie beruflich gehen wollen, kann meistens das örtliche Jobcenter bei der Interessenfindung helfen. Die Beamten sichten mit Ihnen Ihre vorhandenen Abschlüsse und eventuell absolvierte Praktika oder ehrenamtliche Tätigkeiten. So kann schnell eine entsprechende Tätigkeit gefunden werden.
Folgende Berufe können beispielsweise auch als Teilzeitausbildung absolviert werden:
- Automobilkauffrau/-mann
- Bankkauffrau/-mann
- Buchhändler/-in
- Chemikant/-in
- Drogist/-in
- Elektroniker/-in
- Fahrzeuglackierer/-in
- Hotelfachfrau/-mann
- Koch/Köchin
- Mechatroniker/-in
- Straßenbauer/-in
- Tourismuskauffrau/-mann
- Verkäufer/-in
Vorteile einer Teilzeitausbildung für Azubis
Eine Teilzeitausbildung hat viele Vorteile für Auszubildende. Besonders junge Eltern haben so trotz Pflichten in der Familie die Möglichkeit, einen Berufsabschluss zu erlangen. Dadurch steigen ihre Chancen im Erwerbsleben. Nicht selten können sie direkt nach der Ausbildung in einen unbefristeten Job einsteigen und so die finanzielle Existenz der Familie sichern.
Dadurch, dass die Auszubildenden weniger wöchentliche Arbeitsstunden ableisten müssen, kann gewährleistet werden, dass sie im Anschluss an die Arbeit zu Hause noch genügend Zeit für ihr Kind haben. Ein Betreuungsplatz für das Kind sorgt zudem dafür, dass die jungen Mütter und Väter ihre Kinder bedenkenlos während der Arbeitszeit in gute Hände abgeben können.
Vorteile einer Teilzeitausbildung für Unternehmen
Aber nicht nur die Auszubildenden profitieren von einer Teilzeitausbildung. Auch für die Ausbilder birgt diese Möglichkeit gewisse Vorteile.
Beispielsweise kann eine Vollzeitausbildung, die durch den Mutterschutz oder die Elternzeit unterbrochen wurde, in einer Teilzeitausbildung fortgesetzt werden. Die Ausbildungen werden damit zum Abschluss gebracht.
Die meisten Auszubildenden in Teilzeit verfügen als junge Eltern über ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein und organisatorische Fähigkeiten, die dem Betrieb zugute kommen. Zudem sind Teilzeitauszubildende hoch motiviert.
Dadurch, dass die Azubis Familienpflichten und Ausbildung besser vereinbaren können, zeigen sie in einer Teilzeitausbildung hohe Bindung und Zufriedenheit im Betrieb. Passend zur Struktur und den Arbeitsabläufen kann der Ausbilder die Auszubildenden einsetzen.
Die finanzielle Belastung kann für das Unternehmen verringert werden. Durch eine Ausbildung in Teilzeit können Betriebe die Sicherung ihrer Fachkräfte gewährleisten. Grundsätzlich kann ein Unternehmer, der auch in Teilzeit ausbildet, einen Imagegewinn verzeichnen, da er als familienfreundlich gilt.
Urlaubsanspruch und Vergütung in der Teilzeitausbildung
Auf die Ausbildungsvergütung müssen Teilzeitauszubildende nicht verzichten. Allerdings ist zu beachten, dass die Höhe sich entsprechend der geringeren Stundenanzahl verringern kann. Da die meisten Auszubildenden oftmals nicht mehr bei den Eltern wohnen und auch oftmals kein Partner vorhanden ist, der für eine finanzielle Sicherheit sorgt, können die Azubis zusätzliche finanzielle Leistungen in Anspruch nehmen.
Grundsätzlich sollten die Anträge möglichst zeitnah gestellt werden, da die Bearbeitung einige Wochen in Anspruch nehmen kann. Außerdem müssen die Anträge an verschiedenen Stellen eingereicht werden. Die wichtigste Grundlage für eine Bewilligung finanzieller Unterstützung ist der Ausbildungsvertrag.
Mögliche staatliche Leistungen sind beispielsweise:
- Berufsausbildungsbeihilfe (BAB)
- eigenes Kindergeld, Kindergeld für das Kind sowie Elterngeld
- Arbeitslosengeld II
- Sozialgeld und Kosten für die Unterkunft sowie Leistungen für Bildung, Teilhabe und Mehrbedarf für Alleinerziehende
- Unterhaltsleistungen bzw. Unterhaltsvorschuss sowie Leistungen der Eltern
- Wohngeld
- Kinderbetreuungskosten
- ausbildungsbegleitende Hilfen (abH)
- usw.
Wie wird aus einer Ausbildung in Vollzeit eine Teilzeitausbildung?
Wenn Sie eine Teilzeitausbildung anstreben, sollten Sie sich in jedem Fall genauestens mit Ihrem Ausbilder besprechen. Gemeinsam mit ihm können Sie bei der Kammer einen Antrag stellen. Gleichzeitig sollte auch die Berufsschule über die Teilzeitausbildung informiert werden.
Haben Sie bisher noch keine Ausbildungsstelle, können Sie sich bei der Suche vom örtlichen Jobcenter helfen lassen. Diese sorgen oftmals auch dafür, dass Sie im Unternehmen vorher ein Praktikum absolvieren können, um sicherzustellen, dass Ihnen die Arbeit Spaß macht. Zudem kann das Jobcenter Ihnen finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten aufzeigen und Ihnen bei den Anträgen helfen.
Sofern Sie einen Ausbilder gefunden haben, sollten Sie gemeinsam einen Teilzeitausbildungsvertrag mit allen wichtigen Punkten inklusive wöchentlicher Arbeitszeit, Ausbildungsdauer und Urlaubsanspruch aufsetzen. Auch die Ausbildungsvergütung sollte vertraglich festgehalten werden. Reicht diese nicht aus, um den Lebensunterhalt zu finanzieren, können weitere Anträge gestellt werden.
Gulnisso meint
16. September 2019 at 15:55
Wir sind eine Ehepaare mit 2 Kinder (2 jahre, 1 jahre) und wollen gerne eine Teilzeitausbildung im Deutschland machen. Wir kommen aus Mittelasien (Tadschikistan). Welche möglichkeiten gibt es für uns?
Zah meint
16. November 2021 at 23:26
Ich habe eine Schwerbehinderung und strebe eine Teilzeitausbildung an. Leider weiß ich nicht, wie ich auf das Thema zu sprechen komme. Soll ich die Anforderung schon in die Bewerbung schreiben, oder wie ?