Eine anteilige Kürzung der Urlaubstage bei Kurzarbeit ist rechtens, wenn es zu tageweisen Arbeitsausfällen kommt. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am Dienstag entschieden (Az.: 9 AZR 225/11). Mit diesem Grundsatzurteil wurde eine rechtliche Lücke im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) bei der Kurzarbeit Null geschlossen. Im Hinblick auf die vierte Corona-Welle könnten in den kommenden Monaten Zehntausende Beschäftigte in Deutschland von den Konsequenzen dieses Urteilsspruchs betroffen sein.
Kürzung der Urlaubstage nur bei Kurzarbeit Null mit längerem Wegfall der Arbeitspflicht
Um die Einführung von Kurzarbeit kamen viele Unternehmen während der Corona-Pandemie nicht herum. Arbeitnehmer, die in diesem Zuge mit tageweisen Arbeitsausfällen konfrontiert sind, müssen sich nun auf eine anteilige Kürzung ihrer Urlaubstage bei Kurzarbeit einstellen.
Das BAG betonte in seinem Urteil jedoch, dass dies ausschließlich bei Kurzarbeit Null mit längeren Zeiten ohne Arbeitspflicht gelte. Bei der Kurzarbeit Null werden Mitarbeiter temporär von ihrer Arbeitspflicht entbunden und müssen entsprechend ihrer Tätigkeit vorübergehend nicht nachgehen.
Für ebendiese Zeiträume ohne Arbeitspflicht erwerben sie seit dem Urteil des BAG auch keinen anteiligen Urlaubsanspruch mehr. Im Vorfeld gab es dazu keine eindeutige Regelung.
Grundsatzurteil des BAG schließt rechtliche Lücke
Dies hat sich mit dem Grundsatzurteil des BAG zur Kürzung der Urlaubstage bei Kurzarbeit Null jedoch geändert. Konkret ging es dabei um den Fall einer Verkäuferin aus NRW, die regulär drei Tage in der Woche im Verkauf tätig ist. Im letzten Jahr schickte sie ihr Arbeitgeber allerdings mehrere Monate in Kurzarbeit Null. Ihr Urlaubsanspruch wurde daraufhin zwar nicht komplett gestrichen, allerdings um einige Tage verringert.
Als die betroffene Arbeitnehmerin von der Kürzung ihrer Urlaubstage aufgrund der Kurzarbeit erfuhr, reichte sie eine Klage dagegen ein. Nachdem bereits das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf am 12. März 2021 entschieden hatte, dass eine anteilige Kürzung des jährlichen Urlaubsanspruchs in einer solchen Situation rechtmäßig sei (Az.: 6 Sa 824/20), bestätigte nun auch das BAG dieses Urteil.
Damit bleibt das höchste Arbeitsgericht in Deutschland seiner Linie seit dem Jahr 2019 treu, wonach sich der Urlaubsumfang nach der Anzahl der vereinbarten Tage richten sollte, an denen Arbeitspflicht herrscht.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hingegen setzte sich für die Klägerin ein und sprach sich gegen eine Kürzung der Urlaubstage bei Kurzarbeit aus. Vor der Verkündung des Urteils äußerte sich Vorstandsmitglied Anja Piel wie folgt:
Aus Sicht des DGB ist es unzulässig, dass Arbeitgeber im Falle von pandemiebedingter Kurzarbeit Null den Urlaub kürzen.“
Wie sich dieses Grundsatzurteil in der Praxis auf die Situation von Arbeitnehmern auswirken wird, die Corona-bedingt in Kurzarbeit sind, bleibt abzuwarten. Klar ist nur, dass Zehntausende Beschäftigte in Deutschland davon betroffen sein könnten.
Kommentar hinterlassen