Kurz & knapp: Ramadan bei der Arbeit
Die klare Antwort lautet: Nein! Ramadan und Arbeiten schließen sich in Deutschland nicht gegenseitig aus. Grund dafür sind die im Grundgesetz garantierte Religionsfreiheit und ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts. Der Arbeitgeber kann nicht verbieten, dass die Arbeitnehmer am Ramadan teilnehmen und fasten. Sollte es zu fastenbedingten Leistungsminderungen in der Arbeitskraft kommen, muss der Arbeitgeber das hinnehmen. Mehr dazu lesen Sie an dieser Stelle.
Durch das Fasten kann es zu Schwindel, Schwächeanfällen und Konzentrationsschwierigkeiten kommen. Je nach Arbeitsplatz kann das schlimmstenfalls zu schwerwiegenden Arbeitsunfällen führen. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass fastende Mitarbeiter weder sich noch andere gefährden. Daher sind sie dazu verpflichtet, den Betroffenen temporär andere Aufgaben zuzuteilen, wenn diese fastenbedingt nicht dazu in der Lage sind, ihre volle Arbeitskraft einzusetzen.
Ist der Arbeitgeber z. B. betrieblich oder rechtlich bedingt nicht dazu in der Lage, den fastenden Mitarbeiter anderweitig einzusetzen, müssen andere Lösungen gefunden werden. Überstunden können abgebaut oder Urlaub eingereicht werden. Ist das nicht möglich, kann der Arbeitgeber für die Dauer des Ausfalls den Lohn einbehalten. Mehr dazu lesen Sie hier.
Inhalt
Wie sind Ramadan und Arbeit miteinander vereinbar?
Rund 5,3 Millionen Muslime leben in Deutschland, ein Großteil feiert den Ramadan. Der Fastenmonat ist eine der fünf Säulen des Islams, neben der Pilgerfahrt nach Mekka, den täglichen Gebeten, dem Glaubensbekenntnis und dem Geben von Almosen. Zwischen 29 und 30 Tagen fasten Muslime von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang.
Weder Nahrung noch Getränke den ganzen Tag lang – da stellt sich die Frage, wie Ramadan und Arbeit miteinander vereinbar sind. Muss der Arbeitgeber auf das religiöse Fasten Rücksicht nehmen? Wo kann es zu Konflikten kommen? Und wie lassen sich diese vermeiden?
Ein Arbeitnehmer kann durch seine Teilnahme am Ramadan auf der Arbeit mit Konzentrationsproblemen und Schwindel zu kämpfen haben. Die Arbeitsleistung kann sinken. Es entsteht mitunter ein Konflikt zwischen der vertraglichen Arbeitspflicht und dem religiösen Gebot des Fastens.
Der Arbeitgeber kann einem Arbeitnehmer nicht verbieten, zu fasten, da das Grundgesetz sein Recht auf Religionsfreiheit garantiert.
Fastende Arbeitnehmer müssen ihre Vorgesetzten nicht einmal über ihre Teilnahme am Ramadan während der Arbeit informieren. Das ist Privatsache. Allerdings kann es für betroffene Arbeitnehmer im eigenen Interesse dennoch ratsam sein, das Gespräch zu suchen.
Ramadan muss der Arbeitgeber tolerieren
Auch wenn das Fasten im Ramadan die Arbeit beeinträchtigt, wiegt in der Regel das Recht auf die freie Religionsausübung schwerer als arbeitsvertragliche Pflichten. Wenn das Fasten die Arbeit in keiner Weise beeinträchtigt, liegt ohnehin kein Problem vor.
Ist der Mitarbeiter durch die Auswirkungen des Fastens zu geschwächt, um der Arbeit in gewohnter Weise nachzugehen, kann der Arbeitnehmer nicht verlangen, das Fasten zu unterlassen. Die Arbeitsverweigerung des fastenden Mitarbeiters ist rechtmäßig.
Führt die Teilnahme am Ramadan auf der Arbeit zu gefährlichen Situationen, ist der Arbeitgeber in der Pflicht, zu handeln. Er hat eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Beschäftigten und muss sicherstellen, dass der fastende Arbeitnehmer weder sich noch andere gefährdet. Denn Ramadan und schwere körperliche Arbeit sind mitunter schwer zu vereinbaren.
Urteil des Bundesarbeitsgerichts schafft Absicherung
In der Regel sollte ein Büromitarbeiter das Fasten gut überstehen. Die Bedienung von schweren Gerätschaften oder die Arbeit auf der Baustelle hingegen erfordert Kraft und Konzentration, um folgenschwere Arbeitsunfälle zu vermeiden. Aus diesem Grund muss der Arbeitgeber dem fastenden Mitarbeiter ermöglichen, im Ramadan während der Arbeit andere Aufgaben zu übernehmen.
Hier kommt eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (2 AZR 636/09) aus dem Jahre 2011 ins Spiel. Verweigert demnach ein Beschäftigter muslimischen Glaubens aus religiösen Gründen eine Arbeitsanweisung, muss der Arbeitgeber prüfen, ob er ihm andere Aufgaben zuweisen kann. Ein innerer Glaubenskonflikt eines Mitarbeiters wird von Arbeitsgerichten regelmäßig nicht in Frage gestellt.
Der Vorgesetzte kann nicht darauf beharren, dass der Arbeitnehmer die gewohnte Leistung abruft. Das sei nach Ansicht des Gerichts “ermessensfehlerhaft”, überschreite also den gesetzlichen Rahmen. Bis zu einem gewissen Maß muss der Arbeitgeber daher in Kauf nehmen, dass der Fastende unkonzentriert oder anderweitig eingeschränkt ist.
Durch das Fasten im Ramadan bei der Arbeit ist nur mit einer temporären Leistungsminderung zu rechnen. Aufgrund dieses temporären Charakters ist weder eine Abmahnung noch eine personenbedingte Kündigung möglich.
Lohnausfall im Ramadan
Neben anderen Aufgaben können Arbeitgeber laut Arbeitsrecht im Ramadan auch auf andere Weise Rücksicht auf fastende Mitarbeiter nehmen, etwa durch flexible Arbeitszeiten und mehr Nachtschichten. Doch hier gibt es Fallstricke: Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbietet eine Bevorzugung einzelner Mitarbeiter. In jedem Fall ist eine transparente Kommunikation und Begründung der Entscheidungen empfehlenswert.
Dennoch hat auch der Arbeitgeber Interessen, auf die nach Möglichkeit Rücksicht zu nehmen sind. Bei einem kleinen Betrieb ist die temporäre Zuteilung anderer Aufgaben mitunter schwierig.
Die Entgeltzahlungspflicht kann entfallen, wenn der Mitarbeiter fastenbedingt keine Arbeitsleistung erbringen und auch keine anderweitigen Aufgaben übernehmen kann.
Da der Mitarbeiter seine Arbeitskraft nicht zur Verfügung stellt, soll die Entlastung der Arbeitgeber auf der Kostenseite für einen gerechten Ausgleich sorgen. Damit es auch hier nicht zu Konflikten kommt, sollten beide Parteien frühzeitig nach Kompromissen suchen.
Hat der Mitarbeiter vielleicht noch unbezahlte Überstunden, die durch Freizeitausgleich in Anspruch genommen werden können? Kann der Mitarbeiter bezahlten oder unbezahlten Urlaub nehmen? Ist es möglich, nach dem Ramadan die Arbeitszeit nachzuholen?
Ist Arbeiten im Ramadan für den Beschäftigten nicht möglich, kann der Arbeitgeber für die Zeit des Ausfalls für Ersatz sorgen, etwa mit Hilfe von Springern und Aushilfen. Der Mitarbeiter verliert dadurch jedoch seinen Vergütungsanspruch für die Zeit des Ausfalls.
Kann man sich wegen Ramadan krankschreiben?
Ob Sie wegen der Auswirkungen des Fastens krankgeschrieben werden können, liegt im Ermessen eines Arztes. Kann der Arbeitgeber jedoch nachweisen, dass der Ausfall durch das Fasten bedingt wurde, entfällt mitunter der übliche Anspruch auf Entgeltfortzahlung während der ersten sechs Krankheitswochen. Diesen Anspruch haben Arbeitnehmer nur, wenn sie die gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht selbst verursachen.
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