Kurz & knapp: Abfindung und Insolvenz
Als Arbeitnehmer haben Sie Anspruch auf eine Abfindung im Insolvenzverfahren, wenn Sie aufgrund der Insolvenz eine betriebsbedingte Kündigung erhalten und entweder Kündigungsschutzklage einreichen oder eine Vereinbarung mit Ihrem Arbeitgeber treffen.
Eine Insolvenz allein ist kein rechtlich anerkannter Kündigungsgrund. Meistens erfolgt die Kündigung aus betriebsbedingten Gründen. Im Insolvenzverfahren kann es jedoch auch vorkommen, dass die erforderliche Sozialauswahl fehlerhaft getroffen wird. In einem solchen Fall kann es sich lohnen, Kündigungsschutzklage einzureichen.
Die genaue Höhe einer Abfindung ist in den meisten Fällen nicht gesetzlich vorgeschrieben, sondern Verhandlungssache zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. In der Regel spielen bei der Höhe einer Abfindung die Dauer der Betriebszugehörigkeit, der Größe des Unternehmens und dem Alter des Arbeitsnehmers eine tragende Rolle.
Inhalt
Abfindung bei einem Insolvenzverfahren – wann habe ich Anspruch?
Eine Insolvenz stellt ein Unternehmen samt Mitarbeitern vor große Herausforderungen, denn im Zuge eines Insolvenzverfahrens werden in der Regel Stellen abgebaut und Arbeitnehmer entlassen. Doch auch eine Insolvenz setzt Arbeitsrecht und Kündigungsschutz nicht einfach außer Kraft. Da stellt sich die Frage: Wenn ich aufgrund der Insolvenz meines Betriebes meinen Job verliere, habe ich in diesem Fall Anspruch auf eine Abfindung? Die Antwort ist, wie so oft: Es kommt auf die Umstände an. Wichtig ist vor allem, ob der Abfindungs-Anspruch vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entsteht, beziehungsweise, wann die Kündigung ausgesprochen wurde. Es wird an dieser Stelle zwischen Insolvenzforderung und Masseforderung unterschieden:
- Insolvenzforderung: Wenn der Arbeitgeber die Kündigung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgesprochen hat, gibt es keine Garantie auf die Zahlung einer Abfindung, denn die Summe ist in diesem Fall Teil der Insolvenztabelle. Die verbleibende Insolvenzmasse wird anhand dieser Tabelle prozentual auf alle Gläubiger aufgeteilt. Wenn das Unternehmen nicht über die finanziellen Mittel verfügt, um eine Abfindung auszuzahlen, ist es für den Arbeitnehmer als Gläubiger daher nicht möglich, diese garantiert einzufordern. Die Insolvenzordnung, kurz InsO, legt hierzu in § 38 fest:
Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).
- Masseforderung: Anders verhält es sich bei Kündigungen, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgesprochen wurden. Sobald das Insolvenzverfahren läuft, kann der Arbeitgeber in der Regel selbst keine Kündigungen mehr aussprechen. Diese Aufgabe übernimmt stattdessen ein Insolvenzverwalter. Wenn dieser eine Kündigung ausspricht, fällt der entstehende Abfindungsanspruch in die Kategorie der Masseforderungen. Durch diesen Umstand entsteht eine Verpflichtung, dem Gläubiger (also dem Arbeitnehmer) gegenüber, die fällige Abfindung auch auszuzahlen. Masseforderungen sind in § 55 der Insolvenzordnung definiert:
(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:
1. die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2. aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.
Wann habe ich überhaupt Anspruch auf eine Abfindung in der Insolvenz?
Einen grundsätzlichen Anspruch auf eine Abfindung bei Insolvenz gibt es nicht. Der im deutschen Arbeitsrecht übliche Kündigungsschutz gilt im Großen und Ganzen allerdings auch im Insolvenzverfahren. Aus § 133 der Insolvenzordnung geht außerdem hervor, dass eine Insolvenz selbst kein zulässiger Grund für eine fristlose Kündigung ist:
Ein Dienstverhältnis, bei dem der Schuldner der Dienstberechtigte ist, kann vom Insolvenzverwalter und vom anderen Teil ohne Rücksicht auf eine vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Ausschluß des Rechts zur ordentlichen Kündigung gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Monatsende, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist. Kündigt der Verwalter, so kann der andere Teil wegen der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses als Insolvenzgläubiger Schadenersatz verlangen.
Im Zuge einer Insolvenz kommt es jedoch in aller Regel zum Stellenabbau und damit zu Entlassungen. Eine betriebsbedingte Kündigung, also eine Kündigung aufgrund von dringenden betrieblichen Erfordernissen, ist daher nicht ausgeschlossen. Voraussetzung für eine betriebsbedingte Kündigung ist, dass es keine andere Alternative gibt, die eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers, beispielweise in einer anderen Abteilung, ermöglicht. Bei einer betriebsbedingten Kündigung gibt es zwei Wege, möglicherweise Abfindung bei einer Kündigung im Insolvenzverfahren zu erhalten: Ein Abfindungsangebot von Seiten des Arbeitgebers oder aber die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers. Letztere hat vor allem dann Erfolgsaussichten, wenn Sie Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Kündigung haben und beispielsweise eine fehlerhafte Sozialauswahl vermuten.
Kündigung bei Insolvenzverfahren: Eine Abfindung ist möglich
Der Anspruch auf eine Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung entsteht, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Zuge der Kündigung ein Abfindungsangebot macht. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich im Gegenzug dazu, auf eine Kündigungsschutzklage zu verzichten. Die Höhe der Abfindung ist in diesem Fall genau festgelegt: Für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit wird der Abfindung ein halbes Monatsgehalt hinzugerechnet. Der Anspruch selbst ist in § 1a des Kündigungsschutzgesetzes festgelegt:
(1) Kündigt der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 und erhebt der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, hat der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf eine Abfindung. Der Anspruch setzt den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.
Auch per Kündigungsschutzklage ist eine Abfindung bei Insolvenz möglich: Sollte der Arbeitgeber der Kündigung kein Abfindungsangebot hinzufügen, kann es sich unter Umständen lohnen, Klage einzureichen. Das kann sich vor allem dann lohnen, wenn Sie eine ungerechtfertigte Sozialauswahl zu Ihren Lasten vermuten oder die Kündigung formal fehlerhaft ist: Bei einer betriebsbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist es beispielsweise wichtig, dass das Kündigungsschreiben explizit die betriebsbedingten Gründe auflistet. Im Zweifelsfall kann Sie ein Anwalt für Arbeitsrecht hierzu individuell beraten.
Beachten Sie: Eine Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eingereicht werden.
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