„Krank sein? Dafür hab ich keine Zeit, ich muss arbeiten!“ – Obwohl dieser Ausspruch eigentlich eher scherzhaft gemeint sein sollte, ist er wohl gar nicht so weit von der Realität entfernt. Gerade im Ausland sind die Deutschen ja für ihre Disziplin und Arbeitsmoral bekannt. Eine noch unveröffentlichte Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) soll nun bestätigen: Statt einer Krankmeldung gehen rund zwei Drittel aller Befragten hierzulande arbeiten, auch trotz einer Krankheit.
Die wichtigsten Zahlen
Mögliche Gründe der Ergebnisse
Inwiefern solche Umfragen wirklich repräsentativ für die Gesellschaft sind, kann natürlich grundsätzlich in Frage gestellt werden. Abgesehen davon können an dieser Stelle Vermutungen angestellt werden, welche tiefer greifenden Probleme hinter diesen Zahlen stehen. Dass in Deutschland offensichtlich viele Menschen arbeiten gehen, auch trotz einer Krankheit, ist als bloßes Auswertungsergebnis erst einmal bedenklich.
- Präsentismus als Verhaltensmuster
Mögliche Erklärungsversuche – gerade solche, welche sich für das Einholen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei einer Krankheit aussprechen – betonen wiederholt einen pathologischen Anwesenheitsdrang, welcher an deutschen Arbeitsplätzen wohl noch gang und gäbe ist. In der Arbeitspsychologie wird von „Präsentismus“ gesprochen: Damit wird meistens der Standard eines Arbeiten trotz Krankheit in instabilen Zeiten bezeichnet, welcher auch heutzutage noch vorzuherrschen scheint.
- Frage nach Arbeitsverhältnis
Trotz stabiler und leistungsfähiger Wirtschaft zeichnet sich Deutschland nach wie vor durch einen vergleichsweise großen Niedriglohnsektor aus. Wer in einem Teilzeit- oder Minijob arbeitet, kann nicht nur häufig schneller entlassen werden, als dies bei einer Festanstellung der Fall ist – meist ist die eigene wirtschaftliche Existenz stark von dem Arbeitsverhältnis abhängig. In Anbetracht dessen ist es nicht verwunderlich, dass betroffene Arbeitnehmer kontinuierlich arbeiten gehen – auch trotz einer Krankheit.
- Konkretes Arbeitsumfeld ausschlaggebend
Je nach Art des Berufes ist es nicht ungewöhnlich, dass gerade eine plötzlich auftretende Erkrankung nicht auskuriert wird, weil die eigene Arbeit schlichtweg nicht ersetzt werden kann. Wer etwa beruflich als Rettungsassistent arbeitet und kurz vor einer Schicht verschnupft ist, dem wird es kaum möglich sein, kurzfristig einen Ersatz aufzutreiben. Noch frappierender dürfte dies in Berufsfeldern mit akutem Personalmangel sein, Pflegeberufe etwa. Daheim bleiben ist dann häufig keine Option.
Miranda meint
19. Februar 2018 at 23:09
Leider so etwas gibt’s auch in Gastronomie sehr oft, jeder zweite arbeitet krank. Grippe oder Erkältung gilt nicht als Krankheiten. Am Ende stecken sich alle gegenseitig. Viele haben Angst sich krankschreiben wegen ständiger Personal mangel oder arbeiten wie Minijobler und haben Angst von Entlassung.