In einem Urteil vom 3. April (Az.: 2 AZR 156/24) hat das Bundesarbeitsgericht den Kündigungsschutz von Schwangeren gestärkt: Ist eine Arbeitnehmerin zum Zeitpunkt ihrer Kündigung unbemerkt schwanger, kann sie unter Umständen auch nach Ablauf der gesetzlichen Frist noch Klage einreichen.
Kündigung trotz Schwangerschaft? Klage kann trotz Verfristung zulässig sein

Im vorliegenden Rechtsstreit hatte der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin eine Kündigung ausgesprochen, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt bereits schwanger war. Von der Schwangerschaft erhielt die Klägerin allerdings erst knappe zwei Wochen später durch einen Schwangerschaftstest Kenntnis. Sie bemühte sich umgehend um einen Termin beim Arzt, um sich das Ergebnis bestätigen zu lassen.
Ein Doktor bescheinigte ihr eine Woche später eine Schwangerschaft im zweiten Monat. Kurz vor diesem Arzttermin hatte die Arbeitnehmerin bereits Kündigungsschutzklage eingereicht – nach Ansicht des Arbeitgebers jedoch zu spät: Kündigungsschutzklagen sind in der Regel nur bis zu drei Wochen nach Erhalt der Kündigung zulässig.
Es gilt jedoch ein besonderer Kündigungsschutz bei Schwangerschaft: Schwangere Arbeitnehmer dürfen nur in absoluten Ausnahmefällen gekündigt werden. Es stellte sich also die Frage: Durfte die Arbeitnehmerin die Kündigungsschutzklage aufgrund der Schwangerschaft auch nach Ablauf der dreiwöchigen Frist noch einreichen? In seinem Urteil vom 3. April gab das Bundesarbeitsgericht der Klägerin Recht.
Übersicht: Klagefristen im Kündigungsschutz
Frage | Antwort |
---|---|
Was ist die gesetzliche Frist? | Bis drei Wochen nach Zugang der Kündigung. |
Wo kann ich einreichen? | Beim jeweils zuständigen Arbeitsgericht. |
Wann kann ich klagen? | Wenn Sie eine unwirksame Kündigung vermuten. |
Was passiert bei Verfristung? | Bei Verfristung wird die Kündigung automatisch wirksam. |
Wie lange kann die klage nachträglich zugelassen werden? | Auf Antrag bis zu zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses. |
Gerichtssprecher: Ärztliche Feststellung der Schwangerschaft ausschlaggebend
Laut §4 des Kündigungsschutzgesetzes muss eine Kündigungsschutzklage innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der schriftlichen Kündigung eingereicht werden. Die Klägerin erhielt ihre Kündigung am 14. Mai 2022 und reichte am 13. Juni, also nach Ablauf dieser Frist, Klage ein. Zusätzlich beantragte sie die nachträgliche Zulassung der Klage. Der Arzttermin am 17. Juni bestätigte dann das Ergebnis des Selbsttests. Nach Auffassung des Arbeitgebers hatte die Arbeitnehmerin durch genau diesen Selbsttest allerdings schon eher Kenntnis von der Schwangerschaft, hätte die Klage also durchaus im Rahmen der gesetzlichen Frist einreichen können.
Das Gericht bekräftigte jedoch, dass nur ein ärztlicher Test ein wirklich zuverlässiges Ergebnis liefern könne. Dass die Klägerin erst am 17. Juni einen Termin erhalten habe, sei außerdem nicht ihr eigenes Verschulden. Aus diesem Grund war die nachträgliche Einreichung der Klage laut Gericht zulässig.
Grundlage hierfür bietet § 5 des Kündigungsschutzgesetzes. In Absatz 1 heißt es:
War ein Arbeitnehmer nach erfolgter Kündigung trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert, die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung zu erheben, so ist auf seinen Antrag die Klage nachträglich zuzulassen. Gleiches gilt, wenn eine Frau von ihrer Schwangerschaft aus einem von ihr nicht zu vertretenden Grund erst nach Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 Kenntnis erlangt hat.
Auf Grundlage dieser Regelung war die verspätete Einreichung der Kündigungsschutzklage also zulässig. Im Verfahren selbst stellte das Gericht darüber hinaus dann die Unwirksamkeit der Kündigung fest: Nach § 17 des Mutterschutzgesetzes ist die Entlassung einer Frau während ihrer Schwangerschaft untersagt.
Kommentar hinterlassen