Die große Mehrheit der Arbeitnehmer in Deutschland ist in kleinen und mittleren Betrieben angestellt. Eine Besonderheit bei Kleinbetrieben betrifft die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG).
In Betrieben mit zehn oder weniger Angestellten gilt der Kündigungsschutz nämlich nicht in selbem Maße. Dennoch sind die Mitarbeiter nicht schutzlos gegen eine persönliche oder betriebsbedingte Kündigung in einem Kleinbetrieb.
Kurz & Knapp: Betriebsbedingte Kündigung in Kleinbetrieben
Von einem Kleinbetrieb ist die Rede, wenn der Arbeitgeber zehn oder weniger Angestellte beschäftigt. Mehr zur Definition erfahren Sie hier.
Handelt es sich um einen Kleinbetrieb, findet das Kündigungsschutzgesetz in der Regel keine Anwendung. Das bedeutet, der Arbeitgeber hat einen größeren Spielraum bei der Kündigung von Mitarbeitern und kann diese sogar ohne Angabe von Gründen aussprechen. Allerdings sind ihm dennoch gewisse Grenzen gesetzt. Mehr dazu erfahren Sie hier.
Nein, es besteht kein gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindung. Selbst eine betriebsbedingte Kündigung in einem Kleinbetrieb macht eine Abfindung nicht erforderlich. Hintergrund ist u. a., dass das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet.
Inhalt
Wann handelt es sich um einen Kleinbetrieb?
Ausschlaggebend für die Definition ist die Anzahl der dauerhaft beschäftigten Mitarbeiter in dem Betrieb. Liegt die Zahl bei maximal zehn, wird gemeinhin von einem Kleinbetrieb gesprochen. Dabei ist jedoch die Berechnung der Mitarbeiterzahl zu beachten, denn nicht jeder Angestellte wird zwangsläufig als voller Mitarbeiter gezählt. Folgende Kennzahlen sind bei der Berechnung der Mitarbeiterzahl zu berücksichtigen:
- Teil- oder Vollzeitangestellter mit mehr als 30 Stunden/Woche = 1,0 Mitarbeiter
- Teilzeitangestellter mit mehr als 20 bis 30 Stunden/Woche = 0,75 Mitarbeiter
- Geringfügig Beschäftigter mit 20 oder weniger Stunden/Woche = 0,5 Mitarbeiter
- Geschäftsführer, Auszubildende und Praktikanten = 0,0 Mitarbeiter (werden mithin nicht in die Berechnung einbezogen)
Ein Beispiel: In einem Betrieb sind insgesamt 3 Vollzeit-, 4 Teilzeit- und 5 geringfügig Beschäftigte und 2 Auszubildende angestellt. Daraus ergibt sich folgende Rechnung:
(3 x 1,0) + (4 x 0,75) + (5 x 0,5) + (2 x 0,0) = 8,5 Mitarbeiter
Obwohl in dem Betrieb also faktisch 14 Personen beschäftigt sind, ergibt sich aus dieser Rechnung ein Bestand von 8,5 Mitarbeitern. Es handelt sich demnach um einen Kleinbetrieb.
Diese Definition ist deshalb von Bedeutung, weil § 23 KSchG Betriebe mit maximal zehn Angestellten von den Regelungen des Kündigungsschutzes ausnimmt. Aber was genau bedeutet das?
Wichtig! Zu unterscheiden ist zwischen den Begriffen „Unternehmen“ und „Betrieb“: Ein Teil eines Unternehmens kann selbst Betrieb sein, sofern dieser als hinreichend selbstständig anzusehen ist. Dies ist zum Beispiel oftmals der Fall bei großen Supermarktketten. Eine einzelne Filiale kann einen eigenen Betrieb darstellen, der dem jeweiligen Unternehmen angehört, in dem jedoch zum Beispiel der zuständige Filialleiter eigenständig Personalentscheidungen trifft.
Betriebsbedingte Kündigung bei Kleinbetrieben: Kein genereller Kündigungsschutz?
Aus dem Vorgenannten ergibt sich, dass das Kündigungsschutzgesetz in Kleinbetrieben nicht zur Anwendung kommt. Das heißt, dass der Arbeitgeber bei seinen Personalentscheidungen relativ frei agieren kann. Egal ob nun eine ordentliche oder betriebsbedingte Kündigung: In einem Kleinbetrieb ist bei einer Kündigung oftmals keine Angabe von Gründen erforderlich. Die Mitarbeiter sind also weniger vor einer möglichen Entlassung geschützt. Bei Kündigungen aufgrund von Fehlverhalten entfällt hier auch regelmäßig die Pflicht, den betroffenen Arbeitnehmer zuvor abzumahnen.
Eine betriebsbedingte Kündigung in Kleinbetrieben kann zudem ohne vollumfängliche Sozialauswahl erfolgen. In größeren Betrieben etwa muss der Arbeitgeber zuvor genauestens evaluieren, welcher der Mitarbeiter durch eine betriebsbedingte Kündigung am geringsten getroffen würde (z. B. anhand des Alters, der Betriebszugehörigkeit, möglicher Unterhaltspflichten).
Sonderfall Alt-Arbeitnehmer (Beschäftigungsbeginn vor 01.01.2004)
Für Mitarbeiter in einem Betrieb, deren Beschäftigung bereits vor dem 01.01.2004 begann, gilt eine Sonderregelung. Vor diesem Stichtag lag der Schwellenwert für die Bewertung als Kleinbetrieb bei fünf oder weniger Angestellten. Sind in einem Betrieb mehr als fünf sogenannte Alt-Arbeitnehmer beschäftigt, so findet bei diesen das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Eine betriebsbedingte oder anderweitige Kündigung im Kleinbetrieb ist bei diesen Mitarbeitern dann mithin nur unter Einhaltung des Kündigungsschutzes möglich.
Ordentliche Kündigung (z. B. betriebsbedingt): Auch im Kleinbetrieb gibt es Grenzen
Obwohl die Mitarbeiter in Kleinbetrieben also nicht besonders vor einer möglichen Kündigung geschützt sind, gibt es dennoch Schutz vor möglicher Willkür des Arbeitgebers. Folgende Grenzen sind ihm auch im Kleinbetrieb bei einer möglichen Kündigung gesteckt:
- Sonderkündigungsschutz: Einzelne Personengruppen sind unabhängig von der Betriebsgröße vor einer Kündigung geschützt. Hierzu zählen insbesondere Schwangere und Mütter (bis vier Monate nach der Geburt), Betriebsratsmitglieder, Schwerbehinderte und Auszubildende, deren Probezeit bereits abgelaufen ist.
- Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB): Eine strenge Sozialauswahl ist zwar in Kleinbetrieben nicht erforderlich. Allerdings darf der Arbeitgeber die sozialen Aspekte auch nicht gänzlich außer Acht lassen. Stehen mehrere Arbeitnehmer für eine betriebsbedingte Kündigung im Kleinbetrieb zur Auswahl, sollten daher dennoch entsprechende Abwägungen erfolgen. Die Kündigung des sozial erheblich schwächer gestellten Mitarbeiters kann im Zweifel sonst treuwidrig sein und eine Kündigungsschutzklage rechtfertigen.
- Sittenwidrigkeit: Sittenwidrig kann beispielsweise eine Kündigung zur Unzeit sein. Auch mögliche Rachemotive, die der Kündigung zugrunde liegen, können einen Verstoß gegen die guten Sitten darstellen.
- Maßregelverbot (§ 612a BGB): Die Kündigung darf zudem nicht als Strafe gegen einen Mitarbeiter eingesetzt werden, etwa weil dieser sich für die Bildung eines Betriebsrates oder in einer Gewerkschaft einsetzt.
- Diskriminierungsverbot: Unwirksam kann eine Kündigung im Kleinbetrieb auch dann sein, wenn ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vorliegt.
Sie sind Mitarbeiter in einem Kleinbetrieb & haben eine betriebsbedingte Kündigung erhalten? Lassen Sie den Sachverhalt ggf. von einem Anwalt für Arbeitsrecht prüfen. Dieser kann abwägen, ob trotz Nichtanwendbarkeit des KSchG dennoch eine Kündigungsschutzklage Aussichten auf Erfolg haben kann. Beachten Sie in jedem Fall die Frist für die Erhebung der Klage: Mit Erhalt der Kündigung haben Sie hierfür lediglich drei Wochen Zeit.
Kündigungsfrist für die betriebsbedingte Kündigung im Kleinbetrieb
Bei einer betriebsbedingten Kündigung sind die gesetzlichen oder vertraglich bestimmten Kündigungsfristen einzuhalten. Welche Frist im Einzelfall gilt, ergibt sich aus der Betriebszugehörigkeit des betroffenen Mitarbeiters. Die folgende Tabelle gibt Ihnen einen Überblick zu den gesetzlich einzuhaltenden Kündigungsfristen, wenn eine betriebsbedingte Kündigung in einem Kleinbetrieb erfolgen soll (vgl. auch § 622 BGB):
Betriebszugehörigkeit | Kündigungsfrist |
---|---|
unter 2 Jahre | 4 Wochen bis zum 15. des Monats oder Monatsende |
ab 2 Jahre | 1 Monat zum Monatsende |
ab 5 Jahre | 2 Monate zum Monatsende |
ab 8 Jahre | 3 Monate zum Monatsende |
ab 10 Jahre | 4 Monate zum Monatsende |
ab 12 Jahre | 5 Monate zum Monatsende |
ab 15 Jahre | 6 Monate zum Monatsende |
ab 20 Jahre | 7 Monate zum Monatsende |
Die Festlegung von kürzeren oder abweichenden Fristen ist im Rahmen tarif- oder arbeitsvertraglicher Regelungen möglich. Die Kündigungsfrist darf jedoch in keinem Fall unter vier Wochen liegen.
Eine betriebsbedingte fristlose Kündigung ist im Kleinbetrieb oder auch in größeren Betrieben nur in seltenen Ausnahmefällen möglich. Kann der Arbeitgeber den Betroffenen zum Beispiel aufgrund einer Betriebsstilllegung nicht für die Dauer der Kündigungsfrist in Lohn und Brot halten, ist unter Umständen die außerordentliche Kündigung denkbar. Erfahren Sie mehr zu den Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung in unserem Ratgeber: „Arbeitsrecht und fristlose Kündigung: Welche Gründe sind zulässig?“
Abfindung auch bei betriebsbedingter Kündigung in einem Kleinbetrieb?
Eine Grundvoraussetzung für den Anspruch auf eine mögliche Abfindung ist, dass das Kündigungsschutzgesetz greift. Dies ist bei Kleinbetrieben mit zehn oder weniger Angestellten jedoch nicht der Fall. Kommt es also zu einer Kündigung aus betrieblichen Gründen in einem Kleinbetrieb, ist eine Abfindung daher in aller Regel nicht vorgesehen.
M.S. meint
16. August 2023 at 18:04
Ich arbeite in einem Betrieb,der zum ist Jahresende geschlossen werden soll. Er besteht aus ca 6 Mitarbeitern. Chef hat sich noch nicht 100% entschieden. wenn ich erst im Dezember die Kündigung erhalte., bin 11Jahre da, muss der Arbeitgeber noch 3Monate weiterzahlen? MFG