Arbeitnehmer, die bei ihrer Tätigkeit mit biologischen Stoffen in Berührung kommen, müssen laut Arbeitsrecht besonders geschützt werden. Um dies gewährleisten zu können, wurde im Jahr 1999 die sogenannte „Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit Biologischen Arbeitsstoffen“ (kurz: Biostoffverordnung oder BioStoffV) verabschiedet.
Seitdem wurde sie mehrmals überarbeitet und angepasst. Im Zuge der letzten Aktualisierung im Jahr 2013 kam es sogar zu einer Veränderung des gesamten Aufbaus der Biostoffverordnung, um unter anderem speziell die Pflichten des Arbeitgebers hervorzuheben. Schließlich sollen Pathologen, Ärzte oder Wissenschaftler ihren Berufen sicher nachgehen können.
Kurz & knapp: Biostoffverordnung (BioStoffV)
Die Biostoffverordnung soll den Arbeitsschutz für Beschäftigte gewährleisten, die bei ihrer Arbeit mit biologischen Arbeitsstoffen bzw. Biostoffen in Berührung kommen.
Informationen dazu, wobei es sich genau um Biostoffe handelt, finden Sie hier.
Biostoffe werden – abhängig von dem von ihnen ausgehenden Infektionsrisiko – in unterschiedliche Risikogruppen gemäß BioStoffV eingeteilt. An dieser Einstufung orientieren sich die notwendigen Schutzmaßnahmen, für deren Einhaltung der Arbeitgeber zuständig ist. Welche Risikogruppen es gibt, erfahren Sie hier.
In diesem Ratgeber beleuchten wir die in der Biostoffverordnung festgehaltenen Regeln bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen, erklären, wie die Einteilung der Stoffe in Risikogruppen funktioniert, wozu Arbeitgeber verpflichtet sind, welche Schutzmaßnahmen ergriffen werden müssen und was es mit der Erlaubnispflicht gemäß BioStoffV auf sich hat.
Inhalt
Was sind Biostoffe?
Das Ziel der Biostoffverordnung besteht darin, Gefährdungen für Arbeitnehmer zu verhindern, die durch Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen entstehen könnten. Dazu bedarf es zunächst einer Definition dieser Biostoffe. Eine solche befindet sich in § 2 BioStoffV:
Biostoffe sind
- Mikroorganismen, Zellkulturen und Endoparasiten einschließlich ihrer gentechnisch veränderten Formen,
- mit Transmissibler Spongiformer Enzephalopathie (TSE) assoziierte Agenzien,
die den Menschen durch Infektionen, übertragbare Krankheiten, Toxinbildung, sensibilisierende oder sonstige, die Gesundheit schädigende Wirkungen gefährden können.“
Bakterien, Viren oder auch Pilze gehören zu den Mikroorganismen. Obwohl sie mikroskopisch klein sind, haben sie die Fähigkeit, sich zu vermehren und auf diese Weise ihr genetisches Material weiterzugeben. Hinzu kommen in die Kategorie der biologischen Arbeitsstoffe außerdem zwei weitere Gruppierungen von Stoffen, die der Bioverordnung zufolge den Biostoffen gleichgesetzt sind:
- Ektoparasiten, die eigenständige Erkrankungen bei Menschen verursachen können (Stechmücken oder Zecken)
- Technisch hergestellte biologische Einheiten, die Menschen genauso krank machen können wie natürlich vorkommende Biostoffe
Für wen gilt die Biostoffverordnung?
Grundsätzlich findet die Biostoffverordnung bei allen Tätigkeiten Anwendung, bei denen Personen mit Biostoffen in Berührung kommen (§ 1 BioStoffV). Tätigkeiten, die unter das Gentechnikrecht fallen, können ebenfalls davon betroffen sein. Dies gilt jedoch nur, wenn nicht bereits strengere oder gleichwertige Vorschriften bestehen, welche die Beschäftigten der jeweiligen Berufsfelder schützen sollen.
Nicht nur Arbeitgeber und -nehmer müssen sich demnach an die Verordnung für biologische Arbeitsstoffe halten, sondern auch Schüler oder Studenten – vorausgesetzt, sie kommen mit biologischen Arbeitsstoffen in Kontakt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob dies absichtlich oder unbewusst geschieht. Besondere Wichtigkeit hat außerdem die Einhaltung der Vorschriften aus der Biostoffverordnung in der Schwangerschaft.
Berufsfelder, in denen die Biostoffverordnung Anwendung findet, sind unter anderem folgende:
- Gesundheitswesen (Laboratorien oder Pflegeeinrichtungen)
- Biotechnologie (Herstellung von Arzneimitteln)
- Landwirtschaft (Umgang mit tierischen Rohprodukten oder Tieren im allgemeinen)
- Teilbereiche der Lebensmittelherstellung (Käsereien)
- Abfall- und Abwasserbehandlung (Kompostierung, Müllabfuhr oder Kläranlagen)
- Teilbereiche der Lebensmittelverarbeitung (Schlachthöfe)
Biostoffverordnung: Welche Risikogruppen gibt es?
Je nachdem, wie hoch das Risiko einer Infektion in Bezug auf einen biologischen Stoff ist, wird er in eine andere Risikogruppe einsortiert. Der Verordnung zufolge existieren vier dieser Gruppen, die folgendermaßen aufgebaut sind:
- Risikogruppe 1: In dieser Gruppe landen in der Regel risikoarme Stoffe, durch die nur sehr unwahrscheinlich eine Krankheit ausgelöst wird.
- Risikogruppe 2: Die Biostoffe aus dieser Gruppe sind durchaus in der Lage, Krankheiten bei Menschen hervorzurufen, weshalb sie eine Gefahr für Arbeitnehmer und -geber darstellen. Daraus resultierende Erkrankungen können jedoch behandelt werden und verbreiten sich wahrscheinlich nicht in der Bevölkerung. Die Möglichkeit einer wirksamen Vorbeugung besteht.
- Risikogruppe 3: Eine ernste Gefahr für Beschäftigte geht von Stoffen dieser Gruppe aus, die sehr wahrscheinlich bei Kontakt schwere Erkrankungen hervorrufen können. Es besteht zudem die Möglichkeit, dass sich diese Gefährdung in der Bevölkerung verbreitet. Die Krankheit kann in der Regel behandelt werden. Auch eine Vorbeugung ist möglich.
- Risikogruppe 4: In der letzten Gruppe befinden sich laut Biostoffverordnung ebenfalls biologische Stoffe, die eine ernste Gefahr sowie schwere Erkrankungen bei Beschäftigten heraufbeschwören können. Zudem könnte sich die daraus resultierende Krankheit großer Wahrscheinlichkeit nach in der Bevölkerung verbreiten. Eine Möglichkeit zur Behandlung oder Vorbeugung gibt es nicht.
Was wird vom Arbeitgeber laut Biostoffverordnung verlangt?
Wie in der Bildschirmarbeitsverordnung oder der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung fallen auch in der Biostoffverordnung gewisse Punkte in das Aufgabenfeld des Arbeitgebers.
Der Schutz der Gesundheit seiner Mitarbeiter sollte dabei stets an erster Stelle stehen. Unter anderem gehört die Gefährdungsbeurteilung (§ 4 BioStoffV) zu seinen Pflichten. Diese basiert auf dem Arbeitsschutzgesetz.
Im Zuge dieser Untersuchung muss der Arbeitgeber feststellen, welchen Gefahren seine Belegschaft durch die vorhandenen Biostoffe ausgesetzt ist. Fehlt es ihm an Fachwissen, sollte er im Vorfeld eine Beratung in Anspruch nehmen oder die Gefährdungsbeurteilung nach Biostoffverordnung von geschultem Personal durchführen lassen.
Folgende Fragen sollten bei der Untersuchung nach Biostoffverordnung beantwortet werden:
- Zu welcher Risikogruppe gehören die biologischen Stoffe? (inkl. Identität und Übertragungswegen)
- Wie sehen die möglicherweise sensibilisierenden oder toxischen Wirkungen aus?
- Auf welche Weise nimmt der menschliche Körper die Stoffe auf?
- Wie sieht die Tätigkeit mit den Biostoffen aus?
- Auf welche Weise, wie lange und wie häufig kommen die Mitarbeiter mit den Stoffen in Kontakt?
- Existieren als Ersatz möglicherweise biologische Arbeitsstoffe, Verfahren oder Arbeitsmittel, von denen eine geringere oder gar keine Gefährdung für die Beschäftigten ausgeht?
Schutzmaßnahmen gemäß Biostoffverordnung
Bevor der jeweilige Arbeitgeber die notwendigen Maßnahmen einleiten kann, die dem Schutz der Beschäftigten dienen, muss er eine Einteilung in Schutzstufen vornehmen. Laut Biostoffverordnung wird zwischen Tätigkeiten mit Schutzstufen (in der Versuchstierhaltung oder der Biotechnologie) und ohne Schutzstufen (bei Reinigungs- bzw. Sanierungsarbeiten oder in der Veterinärmedizin) unterschieden.
Je nachdem, wie hoch das Risiko einer Infektion bei der Arbeit mit bestimmten Biostoffen ist, sind diese Stufen notwendig oder eben nicht. Worum sich der Arbeitgeber jedoch unabhängig von der Schutzstufe kümmern muss, sind gewisse Hygienemaßstäbe.
Unter anderem sollten laut Biostoffverordnung ausreichende Waschmöglichkeiten für die Beschäftigten geschaffen werden.
Folgende Schutzmaßnahmen müssen durchgeführt werden, wenn es sich um Tätigkeiten mit Stoffen aus den Risikogruppen 2, 3 oder 4 handelt:
- Soweit die Technik es erlaubt, sollten Arbeitsverfahren und -mittel so angepasst werden, dass die Gefahr für die Beschäftigten, sich Schnitt- oder Stichverletzungen zuzuziehen, so gering wie möglich ist.
- Arbeitsverfahren oder Tätigkeiten, bei denen sich Staub oder Aerosole bilden können, sollten laut Biostoffverordnung durch andere Verfahren ersetzt werden, wenn dies technisch möglich ist.
- Es sollten sich nur noch so viele Mitarbeiter am Arbeitsplatz befinden, wie es für die auszuübende Tätigkeit erforderlich ist.
- Maßnahmen zur Dekontamination, Inaktivierung und Desinfektion sowie zur korrekten Entsorgung von Biostoffen oder kontaminierten Gegenständen sollten durchgeführt werden.
- Die persönliche Schutzausrüstung der Beschäftigten muss regelmäßig gereinigt, gepflegt, getrennt aufbewahrt und ggf. korrekt entsorgt werden. Zudem muss sie getragen werden, solange eine Gefährdung vorliegt.
- Arbeitnehmer sollten in den Bereichen, in denen eine Gefährdung durch Biostoffe festgestellt wurde, weder Nahrungs- noch Genussmittel konsumieren. Dies ist gemäß § 9 BioStoffV nur in gesonderten Bereichen erlaubt, die nicht mit Schutzkleidung betreten werden dürfen.
Was hat es mit der Erlaubnispflicht nach BioStoffV auf sich?
Liegt die Schutzstufe 3 oder 4 vor, haben Arbeitgeber § 15 der Biostoffverordnung entsprechend die Pflicht, eine Erlaubnis der dafür zuständigen Behörde einzuholen. Dies muss geschehen, bevor zum ersten Mal Arbeiten mit Biostoffen in den Bereichen der Biotechnologie, der Versuchstierhaltung oder des Labors vorgenommen werden.
Der Antrag auf Erlaubnis muss schriftlich eingereicht werden und sollte folgende Unterlagen enthalten:
- Name und Anschrift des Arbeitgebers,
- Name und Befähigung der nach § 10 Absatz 2 oder § 11 Absatz 7 Nummer 3 benannten Person,
- Name des Erlaubnisinhabers nach § 44 des Infektionsschutzgesetzes,
- Lageplan, Grundriss und Bezeichnung der Räumlichkeiten einschließlich Flucht- und Rettungswege,
- Beschreibung der vorgesehenen Tätigkeiten,
- Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung unter Angabe
a) der eingesetzten oder vorkommenden Biostoffe und der Schutzstufe der Tätigkeit,
b) der baulichen, technischen, organisatorischen und persönlichen Schutzmaßnahmen einschließlich der Angaben zur geplanten Wartung und Instandhaltung der baulichen und technischen Maßnahmen,- Plan nach § 13 Absatz 3,
- Informationen über die Abfall- und Abwasserentsorgung.“ (§ 15 BioStoffV)
Handelt es sich um biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 2 oder 3, entfällt das Einholen einer solchen Erlaubnis in der Regel. Trotzdem sollte die Behörde informiert werden, bevor die Tätigkeiten erstmals aufgenommen werden. Dies ist in der Anzeigepflicht (§ 16 BioStoffV) begründet.
Kommentar hinterlassen