Kurz & knapp: Gender Pay Gap
Der Gender Pay Gap beschreibt den Unterschied im Stundenlohn zwischen Männern und Frauen. Unterschieden wird zwischen dem bereinigten und dem unbereinigten Gender Pay Gap. In Deutschland verdient eine Frau laut unbereinigtem Gender Pay Gap 18 % weniger als ein Mann. Mehr zur Bedeutung des Begriffs und zur Höhe des Gender Pay Gaps finden Sie hier.
Ursachen für den Gender Pay Gap liegen im unterschiedlichen Rollenverständnis von Männern und Frauen. Frauen entscheiden sich häufiger für Berufe, die tendenziell geringer bezahlt werden, und bewerben sich eher bei Unternehmen mit geringerer Vergütung. Sie sind stärker an familiäre Verpflichtungen gebunden, die den Karriereweg unterbrechen und einen Aufstieg erschweren. Mehr zu den Ursachen lesen Sie hier.
Der höchste Gender Pay Gap in der EU findet sich in Estland mit 21 % Lohnunterschied, gefolgt von Österreich mit 19 %. Deutschland liegt mit 18 % auf Platz 3. Mehr Gender Pay Gaps in einzelnen EU-Ländern finden Sie hier.
Inhalt
Der Gender Pay Gap (zu Deutsch etwa “geschlechtsspezifische Lohnlücke”) zeigt, dass Frauen auf dem Arbeitsmarkt noch immer mit Hürden zu kämpfen haben, die Männern erspart bleiben.
Der Weg der Frauen in die Arbeitswelt war lang. Und der Kampf um die Gleichstellung ist an vielen Stellen noch nicht abgeschlossen. Zwar ist schon viel erreicht, doch der Gender Pay Gap zeigt auf, dass die Arbeit von Frauen noch immer geringer bezahlt wird als die der Männer. Welche Aussagen und Lösungswege lassen sich aus dem Gender Pay Gap ableiten?
Was ist der Gender Pay Gap? Eine Erklärung
Der Gender Pay Gap beschreibt demnach den Verdienstunterschied pro Stunde zwischen Männern und Frauen. Unterschieden wird zwischen den Begriffen bereinigter und unbereinigter Gender Pay Gap.
Definition: Unbereinigter Gender Pay Gap
Für die Berechnung des unbereinigten Gender Pay Gaps werden alle Berufe berücksichtigt. Außerdem wird nicht zwischen Vollzeit, Teilzeit und der Karrierestufe unterschieden.
Dem unbereinigten Gender Pay Gap zufolge haben Frauen in Deutschland im Jahr 2022 pro Stunde 18 % weniger verdient als Männer. Diese Zahlen teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) mit.
Durchschnittlich verdienten Frauen 20,05 Euro pro Stunde, Männer hingegen hatten einen Bruttostundenverdienst von 24,36 Euro. Der Gender Pay Gap lag laut Statistik aus dem Jahr 2006 noch bei 23 %. Nach wie vor ist er in Deutschland von einem deutlichen Unterschied zwischen West und Ost geprägt. In Ostdeutschland liegt er bei 7 %, in Westdeutschland verdienten Frauen pro Stunde 17 % weniger als Männer.
Bereinigter Gender Pay Gap: Definition
Vergleicht man hingegen nur gleichwertige Tätigkeiten und Qualifikationen miteinander, etwa eine Krankenpflegerin mit einem Krankenpfleger oder eine Dozentin mit einem Dozenten, ist der Gender Pay Gap bereinigt. Ein bereinigter Gender Pay Gap für Deutschland zeigt eine geringere Lohnlücke von 7 % auf. In Westdeutschland liegt diese bei 6 %, in Ostdeutschland bei 9 %. Er zeigt, dass Frauen auch bei vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiografien weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen.
Das Statistische Bundesamt geht beim Gender Pay Gap in seiner bereinigten Form davon aus, dass er geringer ausfallen würde, wenn mehr Daten zur Auswertung zur Verfügung stünden. Angaben zur Erwerbsunterbrechung infolge von Schwangerschaft, Geburt, Kindererziehung und Verwandtschaftspflege wirken sich auf die Höhe des Lohns aus und müssten verstärkt für den Gender Pay Gap bei der Berechnung mit einfließen.
Selbst, wenn nur Frauen und Männer mit vergleichbaren Berufen, Qualifikationen und Lebensläufen bei der Berechnung des Gender Pay Gaps berücksichtigt werden, ergibt sich eine Lohnlücke von 7 %, für die es keine rationale Erklärung gibt.
Gender Pay Gap: mögliche Gründe
Ob bereinigt oder nicht: Der Gender Pay Gap zeigt, wie real die Hürden sind, mit denen Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu kämpfen haben. Der Gender Pay Gap ist von Bedeutung für den gesellschaftlichen Diskurs und erlaubt Rückschlüsse darüber, wie Frauen auf dem Arbeitsmarkt positioniert sind. Durch die Erforschung der Ursachen für den Gender Pay Gap können Lösungen erarbeitet werden.
Die Gründe für den Gender Pay Gap liegen in der gesellschaftlichen Rolle von Frauen verankert. Sie erreichen seltener und später Führungspositionen als Männer, da ihr Karriereweg häufiger und länger von Kindererziehung und sonstigen familiären Verpflichtungen unterbrochen wird. Aus denselben Gründen arbeiten Frauen auch häufiger in Teilzeit. Frauen entscheiden sich überwiegend für Berufe in Branchen mit geringeren Löhnen.
“Frauenberufe” werden geringer bezahlt
Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung von 2023 greift die vom Statistischen Bundesamt zum Gender Pay Gap veröffentlichten Zahlen auf. Sie zeigt, dass viele Branchen nach wie vor Männerdomänen sind. In der Industrie beträgt der Frauenanteil weniger als 30 %. Jeweils 17% Frauenanteil weisen die Branchen Maschinenbau, Hoch- und Tiefbau sowie Bauinstallation und Ausbaugewerbe auf. Im Dienstleistungssektor sind 21 % der Arbeitnehmer im Personen- und Güterverkehr weiblich, im Kfz-Handel und Reparatur 22 %.
Klar frauendominiert sind die Branchen Gesundheitswesen mit 80 % weiblicher Belegschaft, Sozialwesen mit 76 % und Erziehung und Unterricht mit 72 %. Diese Branchen mit überwiegendem Frauenanteil zeichnen sich durch geringere Verdienst- und Aufstiegsmöglichkeiten aus. Die unterschiedliche Berufswahl wird stark von Rollenstereotypen beeinflusst.
Aus der Studie geht hervor, dass Frauen auch innerhalb derselben Branche oft weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen. Zudem bestätigt die Studie auch hier, dass Männer häufiger in Vollzeit arbeiten und in Führungspositionen anzutreffen sind. Minijobs hingegen sind Frauensache: In 26 von 35 Branchen sind Frauen häufiger geringfügig beschäftigt als Männer.
Die schlechtere Bezahlung während des Erwerbslebens ist auch die Ursache für die geringere Rente von Frauen: Der sogenannte Gender Pension Gap liegt laut der Hans-Böckler-Stiftung bei 53 %. Frauen erhalten demnach nur halb so viel Rente wie Männer.
Frauen haben ein anderes Bewerbungsverhalten
Eine Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) liefert eine weitere Erklärung für den Gender Pay Gap. Sie ergab, dass Frauen ein anderes Bewerbungsverhalten als Männer aufweisen. Sie bewerben sich seltener bei sogenannten „Hochlohnfirmen“ und häufiger bei Betrieben mit niedrigeren Löhnen als Männer. Werden die Bewerbungsquoten beider Geschlechter für gleiche Berufe und Branchen verglichen, bewarben sich 10 % mehr Frauen bei Unternehmen mit der niedrigsten Entlohnung und 7 % mehr Männer bei Unternehmen mit der höchsten Entlohnung.
Auch hier kommen gesellschaftliche Rollenunterschiede zum Tragen. Ursache dieses Bewerbungsverhaltens ist laut dieser Analyse, dass Hochlohnbetriebe in Bezug auf Arbeitszeiten und räumliche Flexibilität höhere Anforderungen haben. Frauen sind weniger bereit, diese Anforderungen anzunehmen. Eine Erklärung dafür ist, dass Frauen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wichtiger ist.
Maßnahmen gegen den Gender Pay Gap
Im Kampf gegen den Gender Pay Gap haben die EU-Staaten neue Regeln beschlossen. Künftig sollen Unternehmen in Europa mit mehr als 250 Beschäftigten Gehaltsunterschiede offenlegen. Dazu sollen sie jährlich mit einem Bericht vorlegen, wie stark sich die Löhne von der weiblichen und männlichen Belegschaft unterscheiden. Kleinere Unternehmen sind dazu ebenfalls verpflichtet, aber in größeren Intervallen.
Bei weniger als 100 Beschäftigten ist ein solcher Bericht erst vorzulegen, wenn ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin dazu auffordert. Bei Lohnunterschieden von mehr als 5 % ist vorgesehen, dass gemeinsam mit Arbeitnehmervertretungen eine Untersuchung vorgenommen wird. So soll dem Gender Pay Gap entgegengewirkt werden, der sich nach EU-Angaben in den vergangenen Jahren nur minimal verringert hat.
Eine weitere Maßnahme ist der Equal Pay Day. Mit dieser Aktion soll auf den Gender Pay Gap aufmerksam gemacht werden. Der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen wird in Tage umgerechnet und, ausgehend vom Jahresanfang, ein Tag ermittelt, bis zu dem symbolisch Frauen unentgeltlich gearbeitet haben. Bei einem Wert von 18 Prozent ergeben sich 66 unentgeltliche Tage. Daher fand der Gender Pay Day 2023 am 7. März statt.
Gender Pay Gap in der EU
Leider liegt Deutschland mit 18 % auf Platz 3 im EU-weiten Vergleich der Gender Pay Gaps. Spitzenreiter ist Estland mit 21 %, dicht gefolgt von Österreich mit 19 % Gehaltsunterschied. In Ungarn, Finnland und der Slowakei liegt die Lohnlücke mit 17 % ähnlich hoch wie in Deutschland.
Am besten schneidet Luxemburg ab. Hier verdienen Männer und Frauen gleich viel. In Rumänien und Slowenien verdienen Frauen 4 % weniger als ihre männlichen Kollegen. In Polen liegt der Gender Pay Gap bei 4,5 %, Spanien und Italien liegen bei 5 %.
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