In Deutschland hat nicht jeder ein auskömmliches Gehalt. Im Begriffe-Dschungel rund um Mindestlohn, Bürgergeld, Minijob und Aufstockern wird das Wort Geringverdiener nicht immer richtig verwendet. Wer ist ein Geringverdiener? Welche Einkommensgrenze gilt für Geringverdiener, welche Zuschüsse gibt es? Dieser Ratgeber verschafft Klarheit.
Kurz & knapp: Geringverdiener
Geringfügig Beschäftigte sind Menschen, die in einem sogenannten Minijob bis zu 556 Euro monatlich verdienen. Ihre gesamten Sozialversicherungsbeiträge werden vom Arbeitgeber gezahlt. Geringverdiener, die umgangssprachlich so bezeichnet werden, sind Arbeitnehmer mit einem geringen Gehalt bis ca. 2000 Euro. Für sie gelten reduzierte Sozialversicherungsbeiträge. Mehr dazu lesen Sie hier.
Als Geringverdiener nach dem Sozialgesetzbuch gilt, wer über ein Gehalt von bis zu 325 Euro monatlich verfügt. Damit sind Auszubildende, Teilnehmer am freiwilligen kulturellen, ökologischen oder sozialen Jahr und Praktikanten gemeint. Umgangssprachlich sind mit dem Begriff aber auch Personen aus dem Niedriglohnsektor gemeint. Welche Einkommensgrenzen gelten, lesen Sie hier.
Als sogenannte Aufstocker können Geringverdiener Bürgergeld beantragen. Wohngeld ist ebenfalls eine Möglichkeit, Geringverdiener in ihren Lebenshaltungskosten zu unterstützen. Welche Konditionen dabei gelten, lesen Sie an dieser Stelle.
Inhalt
Was ist ein Geringverdiener? – Die Definition
Ein Geringverdiener im eigentlichen Wortsinne ist eine Person, die ein geringes Gehalt bezieht. Doch es gibt Unterschiede zwischen der rechtlichen Definition eines Geringverdieners und einer Person, die umgangssprachlich als Geringverdiener bezeichnet wird.
Wer zählt als Geringverdiener? Ein Geringverdiener nach dem Sozialversicherungsrecht bezeichnet offiziell Praktikanten, FSJler und Auszubildende, für die besondere Regelungen zur Sozialversicherung gelten. Umgangssprachlich meint der Begriff Geringverdiener Menschen, die im Niedriglohnsektor arbeiten, den Mindestlohn beziehen und nahe der Armutsgrenze leben.
Diese Einkommensgrenze gilt für Geringverdiener
Ab wann ist man Geringverdiener? Im Sozialgesetzbuch IV, §20 Absatz 3 ist festgehalten, dass Auszubildende und unter Umständen Praktikanten Geringverdiener sind, wenn sie die Geringverdienergrenze von höchstens 325 Euro monatlich nicht überschreiten. Auch Teilnehmer am freiwilligen kulturellen, sozialen oder ökologischen Jahr gehören dazu. Sie erhalten kein Gehalt, aber ein Taschengeld, das höchstens 423 Euro beträgt.
Die Besonderheit an der Personengruppe der Geringverdiener ist, dass sie keine Beiträge zur Sozialversicherung zahlen. Die gesamten Sozialversicherungsbeiträge werden vom Arbeitgeber getragen. Geringfügig Beschäftigte bis zu einer Einkommensgrenze von 520 Euro monatlich (sogenannte Minijobber) sind grundsätzlich sozialversicherungsbefreit.
Seit dem Jahr 2020 sind Arbeitgeber verpflichtet, ihren Auszubildenden eine Mindestausbildungsvergütung zu zahlen. Diese steigt dieses Jahr erneut. Jeder Auszubildende, der 2023 eine Ausbildung beginnt, bekommt im ersten Lehrjahr mindestens 682 Euro als monatliche Vergütung. Die Geringverdienergrenze von 325 Euro ist aber seit 2003 nicht mehr erhöht worden. Die Grenze hat also für Auszubildende an Bedeutung verloren.
Der Übergangsbereich für umgangssprachliche Geringverdiener
Fast ein Fünftel aller Vollzeitbeschäftigten sind in Deutschland sogenannte Geringverdiener mit niedrigem Gehalt laut einer Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI). Besonders betroffen sind davon Frauen, junge Menschen, Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit und Geringqualifizierte.
Im Januar 2025 ist der Mindestlohn auf 12,82 Euro pro Stunde angehoben worden. Besonders Geringverdiener sollen vom Mindestlohn profitieren. Gerade in Krisenzeiten ist er eine spürbare Verbesserung der Lebenssituation vieler Angestellter mit zu geringem Einkommen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sieht die Anhebung als die größte Lohnerhöhung im Leben vieler Menschen, sagte er den Zeitungen der Funke Medien Gruppe. Sie helfe, die unteren Einkommen stärker an die mittleren Einkommen heranzuführen.
Geringverdiener: Ab wann zahlen Sie weniger Sozialabgaben?
Bei einem besonders niedrigen Einkommen müssen Geringverdiener für die Sozialversicherung weniger Abgaben zahlen. Zum Jahresbeginn 2023 ist die Gehaltsspanne für sozialversicherungspflichtige Geringverdiener, sogenannte Midijobber, im Rahmen des dritten Entlastungspakets der Bundesregierung angehoben worden. „Wer weniger verdient, wird absolut mehr entlastet“, sagte der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) der Süddeutschen Zeitung.
Die Verdienstgrenze für Geringverdiener startet ab 556,01 Euro und geht nun bis zu einem monatlichen Einkommen von 2000 Euro. Für Geringverdiener gilt bis dieser Einkommensgrenze eine reduzierte Sozialversicherungspflicht.
Dabei sind die Abgaben an die Sozialversicherung für Geringverdiener vom Gehalt abhängig, einen allgemeingültigen Betrag gibt es nicht. Je niedriger das Gehalt innerhalb der oben genannten Gehaltsspanne liegt, desto geringer sind auch die Sozialversicherungsabgaben. Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlen davon jeweils die Hälfte.
Wer dauerhaft als Geringverdiener arbeitet, wird im Alter aufgrund der reduzierten Abgaben nur eine sehr geringe Rente beziehen und ist damit von Altersarmut bedroht. Daher ist 2019 eine Reform der Rentenansprüche in Kraft getreten, die diesen Umstand verbessern soll.
Natürlich sind Geringverdiener krankenversichert. Zur Krankenversicherung ist ebenfalls eine Reform eingetreten. Durch die paritätische Finanzierung zahlen sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber zu gleichen Teilen die Beiträge zur Krankenversicherung. Bis dahin mussten Arbeitnehmer die Beiträge allein zahlen.
Geringverdiener haben einen Urlaubsanspruch. Der Urlaubsanspruch der Geringverdiener und Minijob-Beschäftigten liegt laut Gesetzgeber bei mindestens 24 Werktagen.
Bin ich ein Geringverdiener? Wer Teilzeit arbeitet, sollte sein Bruttogehalt auf eine Vollzeitbeschäftigung hochrechnen. Sie gelten als Geringverdiener, wenn die Vollzeit-Beschäftigung ein Gehalt von weniger als 2000 Euro monatlich einbringt.
Wann gilt ein Gehalt als gering? Wenn ein Arbeitnehmer weniger als zwei Drittel des durchschnittlichen Bruttoeinkommens aller sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten in Deutschland verdient, sprechen Sozialwissenschaftler von einem geringen Gehalt. Der Wert liegt zurzeit bei höchstens 2.284 Euro brutto. Dieser wird statistisch vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) ermittelt. Besonders betroffen sind Arbeitnehmer in den neuen Bundesländern, die Sie der Grafik des WSI zum unteren Entgeltbereich entnehmen können.
Müssen Geringverdiener Steuern zahlen?
Geringverdiener nach der offiziellen Definition (bis 325 Euro Monatsgehalt) versteuern ihr Gehalt gemäß individueller Lohnsteuermerkmale. In der Praxis kommt es aber zu keinem Lohnsteuerabzug, da das Einkommen unter dem Grundfreibetrag liegt. Dieser Freibetrag gilt für Geringverdiener bei einem Jahreseinkommen von 11.784 Euro/Jahr (Stand 2024). Erst, wenn das Monatsgehalt diesen Freibetrag übersteigt, müssen Geringverdiener eine Steuer auf ihren Lohn zahlen.
Geringverdiener können einen Zuschuss beantragen
Reicht trotz Arbeit das Geld nicht mehr zum Leben, können Sie Sozialleistungen in Anspruch nehmen. So ist es beispielsweise möglich, Wohngeld zu beantragen. Dazu müssen Sie beim örtlichen Wohnungsamt einen Antrag einreichen. Benötigte Unterlagen sind der Mietvertrag, Arbeitsvertrag, Strom- und Heizkostennachweise und eine gültige Meldebescheinigung. Nach der Prüfung erhalten Sie ggf. einen Zuschuss für die Kosten Ihrer Unterkunft.
Geringverdiener können auch Bürgergeld beantragen. Als sogenannte Aufstocker konnten Geringverdiener Hartz 4 (Arbeitslosengeld II) beziehen. Zu Beginn des Jahres 2023 wurde Hartz IV vom Bürgergeld abgelöst.
Sie müssen nicht arbeitslos sein, um das neue Bürgergeld zu beantragen. Es ist als eine Form der Grundsicherung gedacht und richtet sich an Bedürftige, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen finanzieren können. Für den Antrag wenden Sie sich an das für Sie zuständige Jobcenter. Wenn Sie Bürgergeld beziehen, sind die Kosten der Unterkunft bei der Ermittlung Ihres Bedarfes bereits eingerechnet. Wohngeld erhalten Sie daher nicht mehr.
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