Welche Rechte Arbeitnehmer haben, ist nicht ausschließlich auf gesetzliche Bestimmungen, anderweitig gültige Vorschriften oder den Klauseln im Arbeitsvertrag zurückzuführen.
Sie können sich ebenfalls aus über die Zeit wiederholt auftretenden Gebräuchen bilden, sofern dies im gegenseitigen Einverständnis geschah. Hieraus ergeben sich viele Fragen, die im Folgenden beantwortet werden.
Kurz & knapp: Gewohnheitsrecht im Arbeitsrecht
Vom sogenannten Gewohnheitsrecht ist die Rede, wenn eine Handlung über längere Zeit in regelmäßigen Abständen sowie im Einverständnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgeführt wird. Eine detailliertere Erklärung finden Sie hier.
Das Gewohnheitsrecht greift z. B. bei Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld, wenn der Arbeitgeber die entsprechende Zahlung mindestens drei Jahre in Folge sowie in gleicher Höhe veranlasst hat.
Normalerweise haben Arbeitnehmer bei der Arbeitszeit keinen Anspruch auf das Gewohnheitsrecht. Im Arbeitsvertrag können jedoch Regelungen vereinbart werden, welche die jeweiligen Arbeitszeiten ausdrücklich festsetzen.
Unter das Gewohnheitsrecht im Arbeitsrecht fällt zum Beispiel die betriebliche Übung. Und auch von der betrieblichen Gleichbehandlung ist im Zusammenhang mit dem gewohnheitsrechtlichen Ansprüchen oft die Rede. Der folgende Ratgeber erklärt, welches Recht ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber einfordern kann.
Inhalt
Worum handelt es sich beim Gewohnheitsrecht?
Auf welche Leistungen ein Beschäftigter Anspruch hat, ergibt sich im Arbeitsrecht nicht nur aus Gesetzen, Tarif- und Arbeitsverträgen. Werden bestimmte Rechte unwidersprochen akzeptiert – und das von allen – erhalten sie ebenfalls eine Verbindlichkeit, was sie quasi mit Gesetzesbestimmungen gleichwertig macht.
Das Gewohnheitsrecht wird auch als ungeschriebenes Recht bezeichnet. Es entwickelt sich aus einer Übung, die sich durch folgende Eigenschaften auszeichnet: stetig, geraume Zeit andauernd, allgemein und gleichmäßig.
Sie darf von keinem der Beteiligten anzweifelt werden, obwohl auf die Gewährung von zum Beispiel Leistungen und Vergütungen eigentlich kein Recht bzw. Anspruch bestünde. Sind alle diese Punkte erfüllt, wird sie rechtsverbindlich.
Zählt die betriebliche Übung zum Gewohnheitsrecht?
Verhält sich ein Arbeitgeber vorbehaltlos längere Zeit immer gleich, kann der Arbeitnehmer davon ausgehen, dass dies auch in Zukunft weiter so geschehen wird. Diese gleichförmigen wiederkehrenden Handlungen bzw. Verhaltensweisen wirken sich somit auf die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen aus – der Arbeitnehmer kann hieraus unter Umständen einen Anspruch ableiten (§ 151 Bürgerliches Gesetzbuch).
Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden.“
Für die betriebliche Übung gilt gemäß Arbeitsrecht: Werden bestimmte Leistungen gewährt, verändern diese den Arbeitsvertrag. Sie wird im Allgemeinen zum Gewohnheitsrecht gezählt. Zu vorbehaltlos und freiwillig gewährten Vergünstigungen können zum Beispiel zählen:
- Urlaubsgeld
- Weihnachtsgeld
- wie lang und wann die Arbeitszeit unterbrochen werden darf (Pausen)
- wie das betriebsspezifische Prozedere der Krankmeldung abläuft
Wann eine sich eine Handlung zum einforderbaren Gewohnheitsrecht für den Arbeitnehmer wird, kann in der überwiegenden Zahl der Fälle nicht konkret bestimmt werden.
Das Arbeitsrecht verlangt die Gleichbehandlung von Arbeitnehmern
Beschäftigte, die in ein und demselben Betrieb oder Unternehmen angestellt sind und sich in einer ähnlichen Situation befinden, haben einen Anspruch auf betriebliche Gleichbehandlung. Das Arbeitsrecht will hiermit sicherstellen, dass der betriebliche Frieden nicht gefährdet wird.
Werden also bestimmte Leistungen wie Prämien oder Weihnachtsgeld vorbehaltlos gezahlt, dürfen einzelne Arbeitnehmer nicht ungerechtfertigt benachteiligt werden.
Damit ein Arbeitnehmer Anspruch auf betriebliche Gleichbehandlung erheben kann, bedarf es einiger notwendiger Bedingungen:
- einige Arbeitnehmer profitieren von einer bestimmten, nur für sie geltenden Leistung bzw. Vergütung
- die Situation des Beanstandenden ist vergleichbar mit der der Nutznießenden
- es existiert kein sachlicher Grund, warum der Vorteil nicht gewährt wurde
Können alle diese Punkte mit ja beantwortet werden, hat der Arbeitnehmer einen aus dem Gewohnheitsrecht entspringen Anspruch. Diesen kann er unter Umständen auch einklagen.
Das Gewohnheitsrecht – diese Beispiele machen das Thema plastisch
Wie es um das Gewohnheitsrecht beim Weihnachtsgeld bestellt ist, darüber hat das Landesarbeitsgericht Hamm in der Vergangenheit bereits relativ eindeutig entschieden. Zahlen Arbeitgeber vorbehaltlos und freiwillig in mindestens drei aufeinander folgenden Jahren, handelt es sich um eine betriebliche Übung (LAG Hamm Az. 8 Sa 1099/11). Gleiches gilt für das aus dem Gewohnheitsrecht abgeleiteten Anspruch auf Urlaubsgeld. Selbst, wenn später jahrelang eine solche Extra-Leistung ausbleibt, kann der Arbeitnehmer diese einfordern – notfalls auch vor Gericht. Ihm kommt daher eine große Bedeutung zu.
Gibt es ein Gewohnheitsrecht bei Arbeitszeiten? Wird ein Arbeitnehmer über längere Zeit immer zur gleichen Schicht (inklusive Schichtzulage) eingeteilt, bildet sich hieraus nicht zwingend ein Gewohnheitsrecht bezüglich der Arbeitszeit. Angeführt wird in diesem Fall häufig die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hessen (Az. 9 Sa 1325/98), das den Fall eines seit Jahren in der Nachtschicht tätigen Arbeitnehmer verhandelte. Dieser setzte sich gegen seine plötzliche Einteilung in die Tagschicht zur Wehr mit der Begründung: Seine Arbeitszeit sei zum Gewohnheitsrecht geworden. Dieser Argumentation widersprachen die Richter: Es sei keine betriebliche Übung entstanden, da aus dem Verhalten des Arbeitgebers nicht der Wille erkennbar wurde, den Arbeitnehmer nur noch nachts einzusetzen. Das vermeintliche Gewohnheitsrecht passte den Arbeitsvertrag damit nicht nachträglich an.
E.W meint
21. Januar 2024 at 21:00
Habe über 6 Jahre einen Benzingutschein erhalten, jetzt wurde mir mündlich mitgeteilt er wird ab Januar gestrichen. Nur Festangestellte würden ihn noch bekommen. Ich arbeite 2×die Woche a.) 3 Stunden. Minijob.
Habe gekündigt.
A. meint
12. März 2023 at 11:42
Ich arbeite seit mehr als 10 Jahren 30 Std. / 7 Tage in 8 Stunden Schichten. Diese wurden jetzt auf 6 Stunden gekürzt. Für mich bedeutet es 4 Arbeitstage plus entsprechender Kosten im Monat mehr. Kann ich Mi h auf das Gewohnheutsrecht berufen?
Marcel meint
27. Januar 2022 at 16:38
Schönen guten Tag.
Ich arbeite seit 6 Jahren in einer Radiologischen Praxis. wir hatten jedes Jahr den Rosenmontag als freien Tag geschenkt bekmmen. Letztes Jahr mussten wir an dem Tag Arbeiten, weil durch Corona kein Karneval stattgefunden hat. Diese Jahr sollen wir wieder arbeiten kommen.
Dürfen die uns einfach so diesen jahrelang geschenkten Urlaubstag einfach streichen oder greift da das Gewohnheitsrecht?
Birgit meint
29. Oktober 2021 at 10:28
Schönen guten Tag,
vor 7 Jahren wurde mit der Geschäftsführung mündlich verabredet, dass ich statt einer Gehaltserhöhung 2,5 Stunden die Woche weniger arbeite.
Seid dem habe ich jeden Mittwoch ab 14.00 Uhr Feierabend.
Heute teilte man mir – auch mündlich – mit, dass ich darauf kein Recht mehr hätte.
Stimmt das??
Oskar meint
18. August 2021 at 18:23
Hallo Zusammen,
ich habe einen neuen Arbeitsvertrag bekommen den ich Unterzeichnen soll. Seit 2014 Arbeite ich in dieser Firma und führe seit 2015 eine Tätigkeit im Büro durch. 2018 ist mir ein schwerer Unfall passiert wo ich mich bis November 2019 zurück gekämpft habe. Im Jahr 2021 habe ich ein Implantat bekommen. Arbeite aber seit 2020 wieder in Vollzeit. Nun sind Sie aber an mich rangetretten. Und sagen die Arbeit im Büro sei zu anstrengend für mich ich soll Zurück in die Produktion. Seit 2015 bekomme ich ein freiwilligen Zuschlag kann dieser Zuschlag mir gestrichen werden???
Torsten meint
24. Februar 2021 at 10:01
Hallo,
meine Frau arbeitet seit 6 Jahren bei Ihrem AG (kein Schichtbetrieb). Im Arbeitsvertrag steht „Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 40 Stunden wöchentlich und richtet sich nach der jeweiligen betrieblichen Regelung“, eine „betriebliche Regelung“ wurde ihr nicht ausgehändigt und ist auch nicht einsehbar.
Ihre Arbeitszeit ist, anders als bei anderen Mitarbeitern, nicht an die Öffnungszeiten des Betriebs (z.T. Handel, z.T. Großhandel) gebunden.
Sie sagte bereits beim Bewerbungsgespräch, dass sie diese Zeiten nicht einhalten werde. Dies wurde allerdings nicht schriftlich niedergelegt.
Nachdem das 6 Jahre lang geduldet wurde, wurde ihr jetzt eine Abmahnung wegen Nichteinhaltung der Betriebszeiten angedroht.
Ist das überhaupt rechtens, oder kann sie sich auf die „betriebliche Übung“ berufen? Wir wären sehr dankbar über Ihre Tipps und Hinweise, vielen Dank!
Andy meint
8. Januar 2021 at 19:21
Hallo.
Seit mehr als 3 Jahren arbeite ich als Stellvertretenden Schichtleiter. Insgesamt bin ich seit 8 Jahren in ein und dem selben Unternehmen.
Leider steht in meinem Arbeitsvertrag nicht explizit Stellvertretender Schichtleiter drin aber dafür in meinem Zwischenzeugnis. Ich habe leider nur einen Zusatzvertrag wo mir eine Betriebliche Zulage (Gehalt) gewährt wird. Darin steht leider nicht für was diese Zulage bestimmt ist.
Jetzt wurde meine Stelle aus Betriebswirtschaftlichen Gründen gestrichen. Und ich muss wieder die Arbeiten ausführen die ich vor mehr als 8 Jahren getätigt habe. Die vereinbarte Zulage wird mir weiterhin gezahlt.
Kann ich mich in meinem Fall auf die Betriebliche Übung berufen?
Thomas meint
2. November 2020 at 10:39
Ich arbeite seit 26 Jahren im gleichen Betrieb. Bisher wurden am Hl.Abend und an Sylvester jeweils ein halber Tag Urlaub abgezogen. Jetzt will der Betrieb ohne Information jeweils einen ganzen Tag Urlaub abziehen. Besteht hier ein Gewohnheitsrecht?
Marion meint
17. Juli 2020 at 15:10
Arbeite seit Jahren Montag, Dienstag u. Donnerstag. Da wir zum 1. Sept. eine neue Auszubildende bekommen. Soll ich ab diesem Datum Mittwochs arbeiten, dafür Dienstag oder Donnerstag nicht, da meine Kollegin sonst mittwochs alleine wäre. Ist das Rechtens?
Thomas meint
3. Juli 2020 at 21:05
Hallo,
Ich arbeite seit 3 Jahren für eine Firma in einem Werk, bei dem ich beim Erreichen einer bestimmten Stückzahl pro Tag eine Prämie von 40 Euro bekommen kann. Mein Arbeitgeber hat mich in ein anderes Werk versetzt, wo eine ähnliche Anlage steht, aber zum Erreichen dieser 40 Euro, wird eine höhere Stückzahl gefordert und durch den miserablen Zustand der in die Jahre gekommenen Anlage und vieler Fehler, bekomme ich statt 40 Euro nur noch 25 Euro zusätzlich pro Tag, was im Monat mehrere Hundert Euro weniger sind, die ich verdiene. Kann ich mich in mein altes Werk zurückklagen, bzw eine Lohnerhöhung einfordern, damit das wieder ausgeglichen wird?
Mfg
Thomas
Manfred meint
17. Juni 2020 at 15:09
Seid 20 Jahren habe ich Freitag meinen freien Tag. Nun soll das plötzlich nicht mehr möglich sein.
Kann ich mich auf die betriebliche Übung berufen?
Luna meint
18. November 2020 at 18:27
Hallo,
seit 5 Jajren arbeite ich als Dauernachtwache.
Die Stelle war explizit als Nachtdienststelle ausgeschrieben.
Ich habe eine eine ausführliche Stellenbeschreibung als Nachtwache.
Da mein Arbeitsvertrag jedoch auf „Krankenschwester“ lautet, beruft sich mein Arbeitgeber auf sein Weisungsrecht und versetzt mich nun gegen meinen Willen ausschließlich in den Tagdienst.
Habe ich Anspruch auf ein Gewohnheitsrecht?
Andrea meint
15. Mai 2020 at 10:17
Hallo, ich arbeite seit 7 Jahren in der selben Firma. Wir haben bisher immer zwei Pausen gehabt eine von 9:30 Uhr bis 10:00 Uhr und von 12:30-13:00 Uhr .
Jetzt will der Arbeitgeber dass wir eine Stunde am Stück Pause machen von 12:00 – 13:00 Uhr.
Habe ich hier Anspruch auf das Gewohnheitsrecht?
Vielen Dank
Ruth Z. meint
18. Februar 2020 at 10:28
Hallo,
Ich arbeite seit 30 Jahren im öffentl. Dienst. Unsere 45 min Pause im Nachtdienst wurden bisher bezahlt. Nun hat der Arbeitgeber beschlossen diese Pausen nicht mehr zu bezahlen. Wir nehmen die Pausen können aber nie im Voraus planen- wann wie lange am Stück etc…. da wir auf einer Intensivstation arbeiten. Wie sieht es hier mit betrieblicher Übung aus?
Was kann man gegen die Streichung der Bezahlung tun?
Vielen Dank für ihre Hilfe
Marcel meint
10. September 2019 at 14:34
Moin,
ich arbeite seit 6 Jahren als Kaufmann im Großhandel und in dieser Zeit musste ich immer für den 24.12. und 31.12. jeweils einen halben Tag Urlaub nehmen, also insgesamt für beide Tage 1 Urlaubstag.
Nun müssen wir auf einmal jeweils einen Tag nehmen, also in Summe 2 Urlaubstage. Rechtlich spricht nichts gegen diese Regelung, aber greift hier nicht das Gewohnheitsrecht, da es all die Jahre vorher anders geregelt war und ohne Ankündigung einfach geändert wurde?
Freue mich auf eine Antwort.
Mfg Marcel
Stefanie meint
5. September 2019 at 19:26
Moin,
ich arbeite seit 26 Jahren im Einzelhandel ausschließlich an der Kasse. Im Arbeitsvertrag steht als Kassiererin.
Jetzt wird unsere Filiale geschlossen und wir werden auf 2 andere Märkte aufgeteilt.
Kann ich mich auf ein Gewohnheitsrecht berufen und weiterhin nur an der Kasse arbeiten, oder muss ich auch andere Arbeiten übernehmen? Hier als Disponentin, wofür ich gar nicht ausgebildet bin…
Man will mir unbedingt andere Aufgaben aufzwängen um mich zu einer freiwillgen Kündigung zu drängen, da ich zu teuer bin…
MfG,
Beate meint
13. August 2019 at 15:41
Ich bekomme seit 9 Jahre für Samstagarbeit z.B. 6 – 12 Uhr, eine Stunde extra gutgeschrieben.
Jetzt soll es die eine Stunde extra nicht mehr geben, ich denke aus Gewohnheit muss der Arbeitgeber
sie weiter geben. Ist das richtig?
LUCY meint
1. August 2019 at 2:30
Ich arbeite seit 4 Jahren im öffentluchen Dienst, Entgeldgruppe 9 und erhalte seit 1,5 Jahren Stufe 3. Gestern kam ein Anruf, ich wurde versehentlich zu hoch eingestuft. Im Vertrag wurden 5 Jahre Stufe 2 vereinbart und nicht wie üblich nach 3 Jahren Stufe 3. Muss das Geld zurück gezahlt werden und werde ich runter gestuft, oder ist hier schon ein Gewohnheitsrecht und kann auf Stufe 3 bestehen?