Es gibt keinen Anspruch auf ein ungeknicktes und nicht getackertes Arbeitszeugnis. So entschied das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz in Mainz (LAG, Urteil vom 09.11.2017, Az. 5 Sa 314/17). Es sah im getackerten Zeugnis kein Geheimzeichen und fand auch keinen Beleg dafür, dass das getackerte Zeugnis anderen vermitteln könne, dass der Aussteller dieses Zeugnisses mit seinem Arbeitnehmer nicht zufrieden war. Auch ein Knick im Arbeitszeugnis sei kein Geheimzeichen.
Knick im Zeugnis laut BAG und LAG kein Geheimzeichen
Geklagt hatte ein Vertriebsdisponent, der mit dem mehrseitigen zusammengehefteten Arbeitszeugnis, das ihm der Arbeitgeber ausgestellt hatte, nicht einverstanden war. Hierbei störten ihn nicht nur einige Formulierungen, sondern auch, dass das Arbeitszeugnis geknickt und zusammengetackert war.
Zum Zusammenheften entschied das LAG, dass darin eben kein unzulässiger Geheimcode zu sehen sei, wenn mehrere Blätter des Zeugnisses mit einem Heftgerät „zusammengetackert“ werden. Es gebe …
… keinerlei Belege dafür, dass ein ‚getackertes Zeugnis‘ einem unbefangenen Arbeitgeber mit Berufs- und Branchenkenntnis signalisiert, der Zeugnisaussteller sei mit dem Arbeitnehmer nicht zufrieden gewesen.“
Hinsichtlich des gefalteten Zeugnisses verwies das LAG in Mainz auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts.
Danach dürften Arbeitszeugnisse zweimal geknickt werden, sodass sie in einen Geschäftsbriefumschlag passen (BAG, Urteil vom 21.09.1999, Az. 9 AZR 839/98).
Auch das BAG vertrat damals die Auffassung, dass der Knick im Arbeitszeugnis kein Geheimzeichen darstelle.
Anspruch auf wohlwollendes und wahrheitsgemäßes Arbeitszeugnis
Geheimcodes sind längst keine Erfindung von Agentenfilmen mehr. Gerade in der Arbeitswelt sind sie unter Arbeitnehmern mehr als gefürchtet, und zwar immer dann, wenn sich das Arbeitsverhältnis dem Ende neigt und der Mitarbeiter ein Arbeitszeugnis erhält. Die Gewerbeordnung und die Rechtsprechung verlangen ein wahres und wohlwollendes Arbeitszeugnis und verbieten damit offene, diskreditierende Kritik. Dennoch hat sich unter den Arbeitgebern eine geheime Zeugnissprache entwickelt, die es ihnen erlaubt, zumindest versteckte Kritik zu äußern. Arbeitnehmer sollten daher die einzelnen Formulierungen und den Aufbau vom Arbeitszeugnis genauer prüfen.
Die Grenzen zwischen unzulässigen und zulässigen Formulierungen sind dabei nicht immer einfach zu ziehen. In Geheimcodes versteckte Botschaften führen immer wieder zu Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Zwar stellt der Knick im Arbeitszeugnis kein Geheimzeichen dar. Eine unterstrichene Telefonnummer hingegen ist ein typisches Geheimzeichen. Sie signalisiert die Bereitschaft des Arbeitgebers, telefonische Auskünfte zu geben, die vom Arbeitszeugnis abweichen.
Grundsätzlich hat jeder Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf ein wohlwollendes schriftliches Arbeitszeugnis.
- Dieses muss Aufgabenbereiche, Personalverantwortung sowie die Bewertung von Führung und Leistung enthalten.
- Außerdem ist es wichtig, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten des Arbeitnehmers erwähnt werden, die für diese Arbeit üblich sind. Anderenfalls könnten bei deren Fehlen negative Rückschlüsse gezogen werden. Selbstverständlichkeiten sollten hingegen nicht überbetont werden.
- Der Arbeitgeber sollte beim Verfassen eine sachliche Sprache wählen und übliche Formulierungen verwenden.
- Auch die Beendigungsformel spielt eine wesentliche Rolle, weil sie u. a. darüber Auskunft gibt, wann und wie das Arbeitsverhältnis beendet wurde. Eine Kündigung durch den Arbeitgeber kann mitunter unvorteilhaft wirken.
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