Kurz & knapp: Kündigungsschutz für Schwerbehinderte
Ab 50 GdB Schwerbehinderung ist ein Kündigungsschutz zu besonderen Bedingungen vorgeschrieben. Unkündbar sind Menschen mit schwerer Behinderung und ihnen gleichgestellte Personen jedoch nicht. Ihre Kündigung muss allerdings beim zuständigen Integrationsamt beantragt und genehmigt werden. Erfahren Sie hier mehr zur Prüfung durch das Integrationsamt.
Die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber beträgt bei Schwerbehinderten mindestens vier Wochen ab Zugang der Kündigung.
Die Entscheidung des Integrationsamtes hängt von den Umständen und der Art der Kündigung ab. Aufgabe des Integrationsamtes ist es, zuerst auf eine gütliche Einigung hinzuwirken. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn beispielsweise dem schwerbehinderten Mitarbeiter ein anderer angemessener und zumutbarer Arbeitsplatz sicher ist. Weiter unten im Text finden Sie die häufigsten Ausnahmefälle, in denen die Kündigung einer schwerbehinderten Person auch ohne die Zustimmung des Integrationsamtes wirksam ist.
Obwohl das Kündigungsschutzgesetz in kleinen Betrieben unter zehn Mitarbeitern nicht im selben Maße gilt wie in größeren Betrieben, ist der Kündigungsschutz für Schwerbehinderte im Kleinbetrieb den gleichen Regelungen unterworfen wie in einem großen Unternehmen.
Inhalt
Schwerbehinderung und Kündigungsschutz: Was prüft das Integrationsamt?
Schwerbehinderte haben einen besonderen Kündigungsschutz. Möchte der Arbeitgeber einem schwerbehinderten Mitarbeiter kündigen, braucht er hierfür die Zustimmung des für den Betrieb zuständigen Integrationsamtes. Je nach Art der Kündigung kann sich die Vorgehensweise des Amtes bei der Prüfung der Umstände unterscheiden. Es ist durch den Kündigungsschutz von Schwerbehinderten in jedem Fall dazu verpflichtet, auf eine gütliche Einigung beider Seiten hinzuwirken und nur als letzte Option einer Kündigung zuzustimmen. In der Regel werden hierzu Mitarbeiter befragt. Vor allem Betriebsrat und Behindertenvertretung kommt hier eine wichtige Rolle zu.
Betriebsbedingte Kündigung
Wenn der Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung ausspricht, ist diese trotz Kündigungsschutz für Schwerbehinderte grundsätzlich zu akzeptieren – wenn die Umstände der Kündigung den schwerbehinderten Arbeitnehmer wie jeden anderen Arbeitnehmer treffen (zum Beispiel durch die Sozialauswahl).
Das Integrationsamt ist jedoch trotzdem in der Pflicht, diese Umstände zu überprüfen. Gegebenenfalls ordnet es an, statt der Kündigung auf Fortbildungsmaßnahmen oder anderweitige Unterstützung des Arbeitnehmers zu setzen. Das kann zum Beispiel durch eine Arbeitsassistenz, finanzielle Unterstützung oder besondere Hilfsmittel am Arbeitsplatz geschehen.
Verhaltensbedingte Kündigung
Falls es zu einer verhaltensbedingten Kündigung kommt, prüft das Integrationsamt, ob die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers in seiner Behinderung begründet ist und ob es präventive Schritte gibt, die er unternehmen kann, um eine erneute Pflichtverletzung zu verhindern. Hierbei wird auch geprüft, ob eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber zumutbar ist.
Personenbedingte Kündigung
Bei einer personenbedingten Kündigung muss ebenfalls ein Zusammenhang mit der Behinderung des Arbeitnehmers geprüft werden. Oftmals wird hier eine Versetzung vorgeschlagen und die Maßnahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) mit einbezogen.
Kündigungsschutz für Schwerbehinderte: Ab wann greift er?
Wer einen Schwerbehindertenausweis erhalten möchte, stellt hierfür einen Antrag auf Anerkennung der Schwerbehinderung. Kündigungsschutz nach den Regelungen für Menschen mit Behinderungen besteht erst, wenn der Antrag angenommen und ein Schwerbehindertenausweis ausgestellt wurde – dann kann der durch die Schwerbehinderung ausgelöste Kündigungsschutz auch rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Antragstellung gelten.
Menschen mit einem Behinderungsgrad von 30 oder 40 können ihren schwerbehinderten Kollegen gleichgestellt werden. Die Gleichstellung zur Schwerbehinderung ermöglicht Kündigungsschutz in besonderem Umfang. Sie muss bei der Arbeitsagentur beantragt werden.
§ 173 des Neunten Sozialgesetzbuch regelt die Ausnahmefälle, in denen der besondere Kündigungsschutz nicht besteht. Dort heißt es:
(1) Die Vorschriften dieses Kapitels gelten nicht für schwerbehinderte Menschen
- deren Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung ohne Unterbrechung noch nicht länger als sechs Monate besteht oder
- die auf Stellen im Sinne des § 156 Absatz 2 Nummer 2 bis 5 beschäftigt werden oder
- deren Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendet wird, sofern sie
a) das 58. Lebensjahr vollendet haben und Anspruch auf eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung auf Grund eines Sozialplanes haben oder
b) Anspruch auf Knappschaftsausgleichsleistung nach dem Sechsten Buch oder auf Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus haben. Satz 1 Nummer 3 (Buchstabe a und b) finden Anwendung, wenn der Arbeitgeber ihnen die Kündigungsabsicht rechtzeitig mitgeteilt hat und sie der beabsichtigten Kündigung bis zu deren Ausspruch nicht widersprechen.
Neuntes Buch Sozialgesetzbuch – SGB IX
Schwerbehindert = Kündigungsschutz in der Probezeit? Das sind die Ausnahmen
Aus dem Gesetzestext folgt: Der Kündigungsschutz für Schwerbehinderte in der Probezeit ist also herabgesetzt. Einen besonderen Schutz gibt es erst im Anschluss, also nach spätestens sechs Monaten. Auch in anderen Ausnahmefällen braucht der Arbeitnehmer nicht die Zustimmung des Integrationsamtes, beispielsweise, wenn der Arbeitnehmer selbst kündigt oder beide Seiten einen Aufhebungsvertrag unterzeichnen. Auch, wenn der Arbeitnehmer das 58. Lebensjahr vollendet hat und Anspruch auf Abfindungsleistungen hat, ist die Zustimmung des Amtes nicht erforderlich. Der Arbeitnehmer kann in einem solchen Fall jedoch innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung Widerspruch einlegen.
Muss ich meinen Arbeitgeber über meine Schwerbehinderung informieren?
Sie müssen Ihren Arbeitgeber nur über das Vorliegen einer Behinderung informieren, wenn diese Behinderung Einschränkungen im Zusammenhang mit Ihrer Tätigkeit zur Folge hat. Unter Umständen kann für Schwerbehinderte der Kündigungsschutz sogar nachträglich greifen: Falls dem Arbeitgeber Ihre Behinderung nicht bekannt ist, Ihnen kündigt und Sie den besonderen Kündigungsschutz in Anspruch nehmen wollen, haben Sie nach Eingang der Kündigung drei Wochen Zeit, Ihren Arbeitgeber nachträglich über das Vorliegen der Behinderung zu informieren und den Kündigungsschutz für Scherbehinderte in Anspruch zu nehmen.
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