Am 17. Oktober 2019 entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg, dass eine Kündigung nach einer verdeckten Videoüberwachung zulässig ist (Az.: 1874/13 und 8567/13). Damit erklärten die Richter ein Urteil der Kleinen Kammer des EGMR aus dem Jahr 2018 für aufgehoben. Im Detail ging es um fünf spanische Kassiererinnen in einem Supermarkt, die ihr Chef des Diebstahls verdächtigte und daher heimlich filmte, um etwas gegen seine Mitarbeiterinnen in der Hand zu haben.
Heimliche Videoüberwachung sei bei Verdacht auf Diebstahl als „letztes Mittel“ zulässig
Worum es bei diesem Urteil konkret ging, haben wir Ihnen im Folgenden kurz zusammengefasst:
- Über Monate hinweg musste der Betreiber eines spanischen Supermarktes zusehen, wie sich Artikel quasi in Luft auflösten.
- Er vermutete daraufhin, dass sich Verkäuferinnen immer wieder unerlaubt an den Waren bedienten.
- Um dies zu beweisen, stellte er im Verkaufsraum heimlich eine Videokamera auf.
- Nach lediglich zehn Tagen konnte er dadurch nachweisen, dass seine Mitarbeiterinnen ihn bestohlen hatten, woraufhin er ihnen kündigte.
- Die betroffenen Verkäuferinnen beharrten in ihren Kündigungsschutzklagen darauf, die heimlich gemachten Videoaufzeichnungen nicht als Beweismittel zuzulassen. Schließlich habe der Chef sie nicht darüber in Kenntnis gesetzt, was einer Verletzung ihrer Privatsphäre gleichkäme.
Die spanischen Gerichte sahen die Kündigung nach der heimlichen Videoüberwachung allerdings als gerechtfertigt an. Die Kleine Kammer des EGMR stimmte dem in ihrem Urteil aus dem Jahr 2018 nicht zu: Die Richter kritisierten das Verhalten des Arbeitgebers scharf und waren der Meinung, er hätte die Kassiererinnen darauf hinweisen müssen, dass er sie filmte.
Die Große Kammer des EGMR hob ebendieses Urteil nun jedoch auf. Es sei das gute Recht des Supermarktbetreibers, sein Eigentum abzusichern. Zwar sei er grundsätzlich dazu verpflichtet, seine Mitarbeiter darauf hinzuweisen, dass sie bei der Arbeit gefilmt werden, allerdings habe die Videoüberwachung nur zehn Tage lang und ausschließlich im Verkaufsraum stattgefunden. Daher sei die Kündigung nach der verdeckten Videoüberwachung als letztes Mittel gestattet. Die Aufzeichnungen wurden daher als Beweismittel zugelassen.
Wie ist die Lage in Deutschland?
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied im Jahr 2015, dass eine Kündigung nach einer verdeckten Videoüberwachung in Deutschland nur dann erlaubt ist, wenn
- die Arbeitnehmer ihre Zustimmung dazu gegeben haben und
- wenn der Verdacht einer Straftat vorliegt (Az.: 2 AZR 395/15).
Weitere Informationen rund um die Überwachung mittels Videokamera am Arbeitsplatz finden Sie in unserem Ratgeber!
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