Key Facts
- Whistleblower sind Menschen, die drastische Missstände oder Verstöße an die Öffentlichkeit bringen, indem sie brisante – meist geheime – Informationen publik machen.
- Das Hinweisgeberschutzgesetz (Whistleblower-Gesetz) schützt Hinweisgeber vor Repressalien und verpflichtet Unternehmen, eine Meldesystem für Verstöße bereitzustellen.
- Wer im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit von Verstößen erfährt und diese meldet oder offenlegt, begeht keinen Geheimnisverrat und darf deshalb zum Beispiel nicht gekündigt werden.
Was ist ein Whistleblower? Bedeutung & Definition

Inhalt
1971 gab Daniel Ellsberg die Pentagon-Papiere, eine geheime Studie des US-Verteidigungsministeriums, an die Presse weiter.
Damit deckte der damalige Pentagon-Mitarbeiter auf, wie sehr die US-Regierung die amerikanische Öffentlichkeit über den Vietnamkrieg getäuscht und unter anderem Kriegsziele falsch dargestellt hatte.
Der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden enttarnte 2013 die massenhafte und verdachtsunabhängige Überwachung von Telefonaten, E-Mails und Internetaktivitäten durch den US-Geheimdienst NSA.
Beide sind sehr bekannte Whistleblower: Als Insider hatten sie Zugang zu brisanten geheimen oder besonders geschützten Daten. Sie brachten diese Informationen an die Öffentlichkeit und machten so auf drastische Missstände oder Straftaten aufmerksam.
Ein Whistleblower zeichnet sich gewöhnlich durch folgende Merkmale aus:
- Er enthüllt katastrophale Missstände, Gefahren, Straftaten oder Verstöße gegen Gesetze und Völkerrecht aufmerksam.
- Es handelt sich um Missstände, die von besonderer Bedeutung für das Gemeinwohl sind und nicht um Verstöße, die den Hinweisgeber persönlich betreffen.
- Er geht erst dann an die Öffentlichkeit, wenn bzw. weil das Unternehmen oder die Behörde keine angemessenen Maßnahmen ergreift, um diese Verstöße abzustellen.
- Whistleblower riskieren sehr viel. Sie setzen ihre Karriere aufs Spiel und im schlimmsten Fall sogar ihre Existenz bzw. ihr Leben.
Was ist die EU-Whistleblower-Richtlinie?
Auch in herkömmlichen Unternehmen wird gegen Regeln verstoßen und die Verantwortlichen versuchen, diese Missstände zu vertuschen – bis sich jemand findet, der diesen Verstoß aufdeckt und publik macht.
Um diese Hinweisgeber – meistens Mitarbeiter des betroffenen Unternehmens – zu schützen, hat die Europäische Union 2019 die Whistleblower-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2019/1937) erlassen.
Unter diesen Schutz fallen Menschen, die auf Verstöße gegen das Europarecht hinweisen und beispielsweise Geldwäsche, Steuerbetrug sowie Verstöße gegen den Umweltschutz oder Verbraucherschutz publik machen.
Solche EU-Richtlinien sind in der Regel jedoch noch nicht rechtlich bindend. Sie müssen von den EU-Mitgliedsstaaten erst in nationales Recht umgewandelt werden. 2023 hat der deutsche Gesetzgeber dafür das Hinweisgeberschutz (HinSchG) geschaffen.
Was beinhaltet das Whistleblower-Gesetz? Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG)
Ziel des HinSchG ist es, Personen zu schützen, „die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit oder im Vorfeld einer beruflichen Tätigkeit“ Informationen über Verstöße erlangen und diese melden oder offenlegen.
Dieses Whistleblower-Schutzgesetz beinhaltet im Wesentlichen folgende Punkte:
- Das Gesetz gilt für alle Unternehmen und Organisationen ab 50 Beschäftigte sowie für Unternehmen, die in der Versicherungs- oder Finanzdienstleistungsbranche tätig sind – und zwar unabhängig davon, wie viele Beschäftigte dort arbeiten. Auch Städte und Kommunen sind an diese Vorschriften gebunden.
- Das Gesetz schützt laut § 1 II HinSchG nicht nur die Hinweisgeber, sondern auch alle „Personen […], die Gegenstand einer Meldung oder Offenlegung sind, sowie sonstige Personen, die von einer Meldung oder Offenlegung betroffen sind.“
- Das Hinweisgeberschutzgesetz verbietet alle Repressalien gegen und Benachteiligungen von Hinweisgebern. Es ist zum Beispiel unzulässig, dass ein Whistleblower eine Kündigung erhält, weil er Missstände aufgedeckt hat.
- Die besagten Unternehmen und Organisationen müssen ein sicheres internes Meldewesen für Whistleblower einführen.
Kleinere Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten müssen kein internes Meldesystem einrichten. Meldet ein Arbeitnehmer einen Rechtsverstoß, so dürfte für ihn dennoch der in § 36 HinSchG verankerte Schutz vor Repressalien gelten.
Wer ist laut Gesetz ein Whistleblower?
Der geschützte Personenkreis der Hinweisgeber ist in § 1 I HinSchG sehr weit gefasst. Zu ihm gehören alle natürlichen Personen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangen und diese melden, z. B.:
- Arbeitnehmer
- ehemalige Mitarbeiter
- Stellenbewerber
- Leiharbeiter
- Praktikanten
- Auszubildende
- Selbstständige und Freiberufler, die Dienstleistungen erbringen
- Auftragnehmer
- Unterauftragnehmer
- Lieferanten inkl. Mitarbeiter
- Anteilseigner
- Geschäftsleitung
- Personen aus Leitungsgremien
Welche Verstöße können Whistleblower melden?
Welche Verstöße und Missstände Hinweisgeber melden können, regelt § 2 I HinSchG. Hierzu gehören insbesondere:
- Straftaten im Sinne des deutschen Rechts, z. B. Geldwäsche, Bestechung oder Umweltstraftaten
- bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeiten, „soweit die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient“, z. B. Arbeitsschutzregelungen und Verstöße gegen das Mindestlohngesetz
- Verstöße gegen Vorschriften des Bundes oder der Länder, die europäische Regelungen in deutsches Recht umsetzen, bspw. Vorschriften zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung und Vorgaben zur Produktsicherheit und zum Verbraucherschutz sowie Qualitäts- und Sicherheitsstandard für Medikamente und Medizinprodukte
- Äußerungen von Beamten, die gegen die Pflicht zur Verfassungstreue verstoßen
Voraussetzung ist, dass der Whistleblower von einem Verstoß des Unternehmens weiß oder zumindest einen begründeten Verdacht hat. Außerdem muss er selbst in beruflichem Kontakt zu diesem Unternehmen (Beschäftigungsgeber) stehen.
Wozu sind Unternehmen nach dem Whistleblower-Gesetz verpflichtet?
Um Hinweisgeber umfassend zu schützen, müssen Unternehmen insbesondere folgende Maßnahmen umsetzen:
- Sie sind verpflichtet, interne Meldestellen für solche Verstöße bereitzustellen, sodass Hinweisgeber ihre Informationen mündlich, schriftlich oder – sofern gewünscht – auch persönlich abgeben können.
- Das Meldesystem ist so sicher zu gestalten, dass selbst IT-Administratoren keinen Zugriff auf die Kommunikation haben.
- Die Identität des Whistleblowers ist vertraulich zu behandeln. Die Verpflichtung zur Vertraulichkeit bedeutet aber nicht, dass anonyme Meldekanäle geschaffen werden müssen.
- Die interne Meldestelle muss dem Whistleblower innerhalb von sieben Tagen bestätigen, dass seine Meldung eingegangen ist.
- Außerdem ist die Meldestelle verpflichtet, den Whistleblower innerhalb von drei Monaten darüber zu informieren, ob z. B. interne Ermittlungen eingeleitet, die Strafverfolgungsbehörde informiert oder welche anderen Maßnahmen ergriffen wurden.
- Hinweisgeber können ihre Hinweise auch bei der externen Meldestelle beim Bundesamt für Justiz abgeben. Sie dürfen frei entscheiden, ob sie sich lieber an die interne oder externe Stelle wenden.
- Das Unternehmen ist verpflichtet, auch anonymen Hinweisen nachzugehen.
Welchen Schutz genießen Whistleblower?
Das Unternehmen darf gegen den Whistleblower keine Repressalien verhängen oder androhen. Hierunter fallen laut § 3 VI HinSchG alle …
„Handlungen oder Unterlassungen im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit, die eine Reaktion auf eine Meldung oder eine Offenlegung sind und durch die der hinweisgebenden Person ein ungerechtfertigter Nachteil entsteht oder entstehen kann.“
Repressalien wäre beispielsweise die Abmahnung, Kündigung, Versetzung und die Nichtberücksichtigung bei der Beförderung.
Zum Schutz der Hinweisgeber vor Repressalien sieht § 36 II HinSchG eine Beweislastumkehr vor: Wenn ein Whistleblower nach der Meldung oder Offenlegung eines Verstoßes im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit benachteiligt wird, so wird vermutet, dass diese Benachteiligung eine Repressalie darstellt. Dann muss das Unternehmen das Gegenteil beweisen, um diese Vermutung zu entkräften.
Darüber hinaus können Whistleblower aufgrund einer Repressalie Schadensersatz geltend machen.
FAQ: Whistleblowing
Beschäftigte dürfen Verstöße in ihrem Unternehmen melden. Es ist aber verboten, unrichtige Informationen über Verstöße offenzulegen. Welche Verstöße unter das Whistleblower-Gesetz fallen, lesen Sie an dieser Stelle.
Das ist nur unter den Voraussetzungen des § 32 HinSchG zulässig, z. B. wenn er den Verstoß an eine externe Stelle gemeldet hat und keine Rückmeldung dazu erhalten hat.
Die ehemalige US-Soldaten Chelsea Manning enthüllte 2010 schwere Vergehen des US-Militärs im Irak- und Afghanistan-Krieg. Weitere Whistleblower benennen wir hier.
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